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Handbuch Bibeldidaktik


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kann, muss hier nicht entschieden werden. Ich bin allerdings skeptisch, ob man bei einer zunehmend säkularer werdenden Gesellschaft vorhandene Lebenssehnsüchte und Fragen nach dem Sinn des Lebens mit der Frage nach Gott identifizieren kann – es könnte auch eine Vereinnahmung von gerade nicht nach Gott fragenden Menschen sein. Der Religionsunterricht als solcher ist aber ein Setting, in dem das Thema „Gott“ unausweichlich ist – und das weiß jeder und jede.

      Je nach theologischer Position kann nun vermutet werden, dass allein von der vorhandenen menschlichen Frage auszugehen ist, weil sonst kein Existenzbezug vorhanden sei – oder allein von der allen Menschen gegenüberstehenden fremden uns nur durch Offenbarung zuteilwerdenden Wahrheit. Deutlich wird jedenfalls, dass ein wesentliches Unterrichtsziel darin bestehen muss, die biblischen Aussagen über Gott gerade als fremde und nicht zu vereinnahmende Texte zu hören. Sie erzählen uns Geschichten und die eine Geschichte Gottes mit der Welt und fordern uns heraus, in ein Gespräch mit der biblischen Überlieferung einzutreten.

      Auch in der Sek I ist „Gott“ immer wieder Thema. Aus Sicht der Bibel kann es immer nur darum gehen, dass dieses spezifische Zeugnis von Gott seine unverwechselbare Stimme einbringen kann. Wenn im Unterricht vor allem religionswissenschaftlich vorgegangen wird, dann geschieht schnell eine Perspektivenverschiebung: Dann geht es nicht mehr darum, was die Bibel von Gott sagt, sondern wie dieser Glaube möglicherweise entstanden ist. Religionsunterricht darf aber nicht dazu verkommen, allein eine angeblich neutrale religionswissenschaftliche Haltung zu vermitteln. Eine Theologie der Religionen, in der über allen vorhandenen Religionen der eine Gott stehe, verkennt das Zeugnis der Bibel (und vereinnahmt gleichzeitig die anderen Religionen und auch den christlichen Glauben). Es ist deshalb immer anzuraten, die biblischen Stimmen als Herausforderung zu hören – und damit immer auch als Infragestellung der immer wieder vorhandenen und von allen (!) mitgebrachten Gottesbilder.

      Im Religionsunterricht treffen das vielstimmige biblische Zeugnis von Gott und die Situation der Schüler mit ihren gegenwartsbezogenen Fragen aufeinander. Das macht den Unterricht so herausfordernd, weil es ja um beides geht: Um die Fragen der Schüler nach Gott und um die Frage Gottes an den Menschen.

      Leseempfehlungen

      Beintker, Michael/Heimbucher, Martin (Hg.), Mit Gott reden – von Gott reden. Das Personsein des dreieinigen Gottes. Votum des Theologischen Ausschusses der Union Evangelischer Kirchen (UEK) in der EKD. Evangelische Impulse 3. Neukirchen-Vluyn 22011.

      Feldmeier, Reinhard/Spieckermann, Hermann, Der Gott der Lebendigen. Eine biblische Gotteslehre. Tübingen 2011.

      |118|Fricke, Michael, Art. Kinder- und Jugendbibeln. In: WiReLex (2015). [http://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/100039/]; Zugriff am 12.12.2017.

      Husmann, Bärbel/Hülsmann, Matthias, Der unverfügbare und der erfahrbare Gott. Stuttgart/Leipzig 2012.

      Kliemann, Peter/Reinert, Andreas, Thema: Gott. Texte – Hintergründe – Informationen. Stuttgart 2009.

      Müller, Peter, Gott und die Bibel, Theologie elementar. Stuttgart 2015.

      Steinkühler, Martina, So spricht Gott? Theologisieren mit Grundschulkindern. Göttingen 2012.

      Themenheft „Existiert Gott?“. KatBl 138 (2013).

      Themenheft „Gottesbilder“. :in Religion (4/2016).

      Themenheft „Gott (Vater)“. :in Religion (1/2017).

      Fußnoten

       1

      Kliemann, Peter/Reinert, Andreas, Thema: Gott. Lehrerkommentar. Stuttgart 2009, 5.

       2

      Vgl. Miskotte, Kornelis Heiko, Wenn die Götter schweigen. Vom Sinn des Alten Testaments. München 1966, 16–22.

       3

      Vgl. etwa Rad, Gerhard von, Theologie des Alten Testaments. Bd. 1: Die Theologie der geschichtlichen Überlieferungen Israels. München 81982, 135–153.

       4

      Eine Religionsgeschichte Israels denkt hier genau anders herum, weil sie immer davon ausgeht, was Menschen können: Hier erwählen sich Menschen aus einer Welt von altorientalischen Göttern einen ihnen zuträglichen. Vgl. Teuffel, Jochen, Mission als Namenszeugnis. Eine Ideologiekritik in Sachen Religion. Tübingen 2009, 142–144.

       5

      Zenger, Erich, Ich will die Morgenröte wecken. Psalmenauslegungen 2. Freiburg i.Br. 1994, 44.

       6

      Vgl. z.B. zu Luther: Lohse, Bernhard, Luthers Theologie. Göttingen 1995, 256–264; zu Calvin: Plasger, Georg, Johannes Calvins Theologie – Eine Einführung. Göttingen 22009, 41–49.

       7

      Vgl. Dietrich, Walter/Link, Christian, Die dunklen Seiten Gottes. Bd. 1: Willkür und Gewalt. Neukirchen-Vluyn 32000; Bd. 2: Allmacht und Ohnmacht. Neukirchen-Vluyn 2000.

       8

      Dietrich/Link, 2000, 356.

       9

      Vgl. Schnelle, Udo, Trinitarisches Denken im Johannesevangelium. In: Israel und seine Heilstraditionen im Johannesevangelium. Festgabe für Johannes Beutler SJ zum 70. Geburtstag. Paderborn et al. 2004, 367–386; Claußen, Carsten, Die Trinitätslehre als Herausforderung an Exegese und Dogmatik. Zur ‚trinitarischen‘ Rede von Gott im Johannesevangelium. In: Ders./Öhler, Markus (Hg.), Exegese und Dogmatik. Neukirchen-Vluyn 2010, 151–172.