ist ein vollgültiger (ana)logischer Weg der Erkenntnis. Zugehörige Begriffe sind z. B. Narrativ, Heuristik, Einzelfallforschung.
●Die nomothetische Tradition (griech. „nomos“ = Zahl, Gesetz; „thesis“ = Lehrsatz) geht von der Erkenntnis allgemeiner Gesetze aus und steht den Naturwissenschaften und dem Menschenbild der Aufklärung nahe. Erkenntnis entsteht durch Hinwendung zum Objekt und zur großen Zahl. Die Methodik ist Zählen, Zergliedern, Messen und Verallgemeinern. Die Kausalität von Ursache-Wirkung ist logischer Weg der Erkenntnis.
Musiktherapieforschung hat heute Anteil an beiden Paradigmen, oft auch innerhalb eines Forschungsvorhabens, und benötigt beide für ihre Weiterentwicklung. Sie lehnt sich im Wesentlichen an die Psychotherapieforschung an.
Dimension „Forschungsebene“: Ergänzend zu den Forschungstraditionen wollen auch Forschungsebenen unterschieden werden. Drei hierarchische Ebenen der Musiktherapieforschung unterscheidet bereits 1985 der Niederländer Frans Schalkwijk (zit. n. Oberegelsbacher 1985):
a) Die allgemeine Musiktherapie: Dazu zählen Grundlagenforschung, einzelne Parameter betreffend, Abgrenzungsbemühungen zu verwandten Therapieformen, Erwartungen an die Musiktherapie, Befragungen von Therapeuten, Inhaltsanalysen von Stellenangeboten usw.
b) Die Entwicklung von Methoden: Diese sei in der Psychiatrie am weitesten, in der Geistigbehindertenarbeit am wenigsten entwickelt. Viele Praktiker halten ihre Methoden kaum fest und arbeiten nach impliziten Theorien. Durch systematische Befragung, Beobachtung durch Einwegspiegel oder Fallbeschreibungen durch die Forscherin kann die Methode erforscht werden.
c) Die Prüfung von Methoden: Diese sei in den USA am weitesten fortgeschritten, wobei dort derzeit noch ein vorwiegend lerntheoretischer Hintergrund bestehe. Die Ergebnisforschung („Ist eine Therapie wirksam?“) erfolgt mit psychologischen Messmethoden. Oft ist in dieser Phase der Musiktherapeut gewissermaßen sozial ausgeschaltet. Häufig würden vielen Wissenschaftlern geeignete Messinstrumente und das Wissen um die zentralen Vorgänge in der Musiktherapie fehlen. Ergebnisforschung werde oft zu früh angepeilt, lange bevor eine formulierte Methode vorliege.
„Für Musiktherapieforschung muß als eine erste und notwendige Bedingung die Beteiligung von ausgebildeten MusiktherapeutInnen an den sensiblen Stellen des Forschungsvorganges, v. a. im Planungsstadium, aber auch bei der Durchführung der Therapie und bei der Interpretation gefordert werden.“ (Oberegelsbacher 1993, 86)
Dimension „Forschungsziel“: Die Zielrichtung einer Forschung hat mit der „causa finalis“ (der „Zielursache“, dem letzten „Zweck“) zu tun. Will ich mikroskopisch fein in die Musiktherapie hineinsehen, z. B. durch Mikroanalysen in einer Prozessforschung, oder mit Weitwinkel auf sie blicken, z. B. durch Makro- oder Metaanalysen? Auch die Beweggründe sind hier maßgeblich. Forschung sieht je anders aus, wenn dadurch Finanzierung, ein akademischer Grad, soziale oder berufliche Veränderung, Qualitätsabsicherung oder eine Weiterentwicklung der Disziplin erreicht werden soll. Die Unterschiedlichkeit von Forschungsarbeiten ausgebildeter MusiktherapeutInnen soll an der folgenden kurzen Auswahl von Beispielen deutlich werden.
Eine Einteilung in Stadien der Musiktherapieforschung nimmt Horst Kächele (2001) in
Anlehnung an die Psychotherapieforschung vor:
●Stadium 0: Klinische Fallstudien
●Stadium I: Deskriptive Studien
●Stadium II: Experimentelle Analog-Studien
●Stadium III: Kontrollierte Studien
●Stadium IV: Anwendungs-Beobachtungs- Studien
●Stadium V: Patientenorientierte Studien
Kächele hält fest, dass erst IV und V über die Nützlichkeit entscheiden, dass jedoch derzeit ausschließlich strenge, limitierte, kontrolliert saubere Bedingungen (III) finanziert werden würden.
Die Analyse einer Einzelmusiktherapie mit einem lernbehinderten, verhaltensauffälligen Mädchen präsentiert J. Wimmer-Illner (2000). Diese kombinierte Prozess-Erfolgsstudie wählt ein einzelfallmethodisches Design und Zeitreihenanalysen, die inferenzstatistisch, also quantitativ ausgewertet werden. Zum Einsatz gelangten Teile eines Fragebogens (Marburger Verhaltensliste, MVL), den die Mutter zweimal wöchentlich ausfüllte – insgesamt 50-mal. Auch Videomitschnitte wurden von Experten beurteilt. Die Durchführung der Musiktherapie führte zu einer signifikanten Abnahme unangepasster sozialer Verhaltensweisen. Ebenfalls signifikant waren Korrelationen, die zeigen, dass die Patientin das Medium Musik vor allem kathartisch und kreativ nützen kann und dass die emotionale Übereinstimmung zwischen Patientin und Therapeutin für den Therapieerfolg wichtig sind.
Prozess/Outcome, Einzelfall
Aus der mehrjährigen Einzeltherapie mit dem schwer entwicklungsretardierten autistischen Buben Max entwickelt Karin Schumacher (1998) mittels Videoanalyse auf der Grundlage der Entwicklungstheorie nach Jean Piaget und Daniel Stern ein siebenstufiges System zur Einschätzung von Beziehungsqualitäten (EBQ). Diese reichen von totaler Kontaktlosigkeit (Modus 1) bis gemeinsamer Begegnung im Spiel (Modus 6). Somit liegt ein sehr praxisrelevantes musiktherapeutisch-diagnostisches Instrument zur Feststellung von Veränderungen bei sehr frühen Kommunikationsstörungen vor.
Prozess, Entwicklungs-diagnostikum
In einer kontrollierten quasi-experimentellen Vorher-nachher-Studie (n = 136) wurde von Ch. Gold (2003) die Effektivität von ambulanter Einzelmusiktherapie mit untersucht. Kinder und Jugendliche (n = 75) mit emotionalen Störungen, Störungen von Anpassung, Verhalten, Entwicklung oder Essverhalten wurden während einer Musiktherapie (durchschnittlich 23 Stunden) bzw. während einer Wartezeit untersucht. Symptome, Kompetenzen und Lebensqualität wurden mittels der Child Behaviour Checklist (CBCL) und dem Fragebogen zur Lebensqualität (KINDL) vor und nach der Therapie gemessen. Die Effekte der Musiktherapie waren abhängig vom Vorhandensein komorbider somatischer Störungen sowie von der Verwendung typischer versus atypischer Medien und Aktivitäten innerhalb der Musiktherapie. Die Ergebnisse deuten an, dass Musiktherapie effektiver bei Klienten ohne Komorbidität ist und effektiver, wo auf den Einbezug anderer Medien und Aktivitäten verzichtet wird zugunsten einer Fokussierung auf musiktherapeutische Techniken wie Improvisation und verbale Reflexion.
Prä-Post/Outcome, Gruppenvergleich
Dieses Beispiel ist der Ausbildungsforschung zuzurechnen. Dorothea Oberegelsbacher (2002) führte eine katamnestische Befragung an 80 Musiktherapiestudenten durch, die berufsbegleitend eine psychodynamische musiktherapeutische Selbsterfahrungsgruppe von 24 Einheiten besucht hatten. Mit Hilfe eines Fragebogens zur Erfassung der Wirkfaktoren von Musiktherapie (WIMU; Danner/Oberegelsbacher 2001) durch Faktorenanalyse wurde untersucht, was von der Musiktherapie in Erinnerung bleibt. Es zeigte sich u. a., dass von den spezifisch musiktherapeutischen Wirkfaktoren vor allem musiktherapeutisches Durcharbeiten von Problemen, Ausdruck, Darstellung und Kommunikation mittels Musik sowie die Wirkung der Musik tragend sind. An unspezifischen Wirkfaktoren waren die wertschätzende Haltung der Therapeutin, die Wichtigkeit der Gruppe an sich und sich dort mit anderen vergleichen zu können am wichtigsten. Es gab Unterschiede bei den Vorqualifikationen der Befragten: Erzieher und und Lehrer haben gegenüber Musikern größere Schwierigkeiten, Gruppe an sich als hilfreich zu erleben. Mit Vorsicht könnte gesagt werden, dass für sie prozessorientierte psychodynamische Gruppenaktivitäten mehr Unsicherheiten und Abwehr auslösen.
Deskriptiv-Katamnestik, Ausbildungs-forschung
Die folgenden Beispiele, dankenswerterweise