und Praxisfeld, das sich mit Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Fach- und Führungskräften verschiedenkultureller Zugehörigkeit im Rahmen interpersonaler Interaktionen und organisationaler Prozesse beschäftigt und sich auf Theorien und Konzepte der Sozial- und Kulturwissenschaften stützt. Im Rahmen von Managementaktivitäten (wie Strategie, Organisation, Planung, Führung, Kontrolle usw.) werden diese Unterschiede und Gemeinsamkeiten anhand von Wahrnehmungsmustern, Grundannahmen, Denkhaltungen und Arbeitsweisen deutlich.«
Tab. 12: Definitionen Interkulturellen Managements
Diese Definitionen machen deutlich, dass dem Interkulturellen Management ein kulturalistisches Paradigma zugrunde liegt, das Kultur als einen zentralen Einflussfaktor auf Arbeitsverhalten und Organisationen (Strukturen, Prozesse, Kultur und Strategien) ansieht. Demzufolge kann Wissen über Logiken und Funktionsweisen von Kultur und Interkulturalität zu einer konstruktiveren Zusammenarbeit beitragen. Zentrales Anliegen ist somit, interkulturelle Beziehungen in Organisationen zu (1.) beschreiben und zu (2.) analysieren, um sie bewusst konstruktiv zu (3.) gestalten. Kultur ist zudem ein Erklärungsfaktor für menschliches Verhalten, für Kommunikation und Kooperationen in und zwischen Organisationen. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob und wie die eigenen Lösungsmuster im Rahmen der interkulturellen Interaktion gültig sind oder angepasst werden müssen, um die angestrebten Ziele zu erreichen. In diesem Sinne stehen – interkulturelle – Kommunikations- und Interaktionsprozesse und ihre Wirkung beim Gegenüber im Mittelpunkt.
Als Wissenschaft verfolgt die Interkulturelle Managementforschung drei Ziele:
–wissenschaftliche Ziele (Empirismus und Rationalismus): das Analysieren, Verstehen und Erklären kultureller Spezifika, kultureller Unterschiede und interkultureller Interaktionen;
–praxisorientierte Ziele (Pragmatismus): das konstruktive Gestalten von Kulturkontakten, um persönliche und organisationale Ziele leichter zu erreichen;
–gesellschaftliche Ziele (Humanismus): das Beitragen zu friedvollem Miteinander und Völkerverständigung durch Verständnis für kulturelle Unterschiedlichkeit in einem humanistischen Sinn.
Dabei bezieht sie sich auf die gesamte Breite des Managementhandelns. Klassische Themenbereiche des Interkulturellen Managements in Lehrbüchern (Adler 1986; Schneider et al. 2014; Thomas/Peterson 2015) oder Sammelwerken (Bhagat/Steers 2009; Chanlat et al. 2013; Holden et al. 2015a; Mayrhofer 2017) betreffen die interkulturelle Führung von Menschen, die Organisation von Unternehmen im internationalen Kontext sowie das Personalmanagement in einem von interkulturellen Dynamiken geprägten Arbeitskontext (Tab. 13).
Führung | Führungsverhalten und -stilInterpersonale Kommunikation und InteraktionFührungseinstellungenWerthaltungenArbeitsverhalten und Arbeitszufriedenheit Verhalten in Arbeitsgruppen |
Organisation | PlanungsprozesseEntscheidungsstilUmsetzungsprozesseKommunikationsprozesse und InformationsprozesseArbeitsteilungOrganisationsentwicklungOrganisationskultur |
Personalmanagement | Personalbeschaffung und -auswahlPersonalbeurteilungAnreiz- und EntlohnungssystemePersonalentwicklungAuslandsentsendung und ReintegrationIntegration von Mitarbeitern aus anderen Kulturen |
Tab. 13: Bereiche kulturvergleichender und Interkultureller Managementforschung (angelehnt an Holzmüller 1995, 46)
Wichtig zur Abgrenzung der Interkulturellen Managementforschung ist es zu bestimmen, was sie nicht ist. So ist sie weder ein Sammelsurium verwunderlicher oder erheiternder Anekdoten interkultureller Begegnungen und kulturellen Besonderheiten noch eine Sammlung konkreter Handlungsempfehlungen »How to do business with …« für den Umgang mit anderskulturellen Menschen. Sie lässt sich nicht auf die Erforschung der Auslandsentsendung von Mitarbeitern in multinationalen Unternehmen reduzieren. Und Interkulturelle Managementforschung ist auch nicht mit einer Grundnormativität versehen, etwa im Sinne von »Man muss sich an andere Kulturen immer anpassen«. Vielmehr ist sie ein faszinierendes, interdisziplinäres und ganzheitliches Forschungs- und Praxisfeld, das durch seine Vielfalt, Komplexität und Multiperspektivität ein systemisches Herangehen erfordert.
Zukunft: Forschungsherausforderungen
Einerseits hat sich Interkulturelle Managementforschung als wichtiges internationales Forschungsfeld etabliert: »Few can doubt the importance of cross-cultural management as a field of ever greater significance in the pantheon of academic management disciplines, and their related streams of literature. It has in recent years matured in both depth and scope.« (Holden et al. 2015b, xlv)
Andererseits kann Interkulturelle Managementforschung als ein sich weiterentwickelndes Forschungsgebiet angesehen werden (Barmeyer 2004a). Mit dem Zuwachs an Erkenntnis können auch Forschungslücken, Forschungsdesiderate und Forschungskritik klarer benannt und konstruktiv angegangen werden. In einer solchen Phase kritischer (Selbst-)Reflektion befindet sich die Interkulturelle Managementforschung zurzeit. In dieser Phase kommen auch die kulturellen Dynamiken im Weltmaßstab – sei es in der Politik, der Gesellschaft, dem Ökosystem oder der Religion – zum Tragen, die ihrerseits vielfältige Herausforderungen an Fragestellungen, Untersuchungen und Lösungsvorschläge mit sich bringen.
Zukünftige Herausforderungen der Interkulturellen Managementforschung setzen an den gängigen Kritiken an, die vielfach geäußert werden. Diese spiegeln – im Sinne eines Überblicks – die zehn kritischen Feststellungen wider, die wesentliche Grundcharakteristika der bisherigen Interkulturellen Managementforschung aufgreifen, hinterfragen und Perspektiven aufzeigen (Tab. 14). Einzelne ausgewählte Aspekte werden in den nachfolgenden Abschnitten ein wenig vertieft.
Zielrichtung von Kritik | Kritische Feststellung zur bisherigen Interkulturellen Managementforschung | Antworten (unter anderem in diesem Buch) |
(1) Grundparadigma | Häufig steht das positivistische Paradigma im Vordergrund, das Kultur und interkulturelle Beziehungen als messbar und von außen deterministisch gestaltbar ansieht. Es dominiert die quantitative Forschung. | Stellenwert des interpretativen Paradigmas, das davon ausgeht, dass Kultur erlebt und beobachtet und von innen mitgestaltet werden muss, nimmt zu. Qualitative Forschung gewinnt an Bedeutung. |
(2) Erkenntnisinteresse | Interkulturelle Managementforschung zielt häufig entweder auf rein theoretische oder auf rein praxisorientierte Erkenntnisse ab. | Verzahnung von Theorie und Praxis nimmt zu. |
(3) Kulturelle Prägung der Forschung | Dominanz westlicher und US-amerikanischer Forschung mit Paradigmen, Modellen, Instrumenten und untersuchten Grundgesamtheiten führt zu einer systematischen Verzerrung (Bias) der Forschungsergebnisse. | Forschungen aus nicht-westlichen Ländern und mit Bezug auf nicht-westliche Kontexte werden verstärkt berücksichtigt. |
(4) Interdisziplinarität | Bislang dominieren in diesem Forschungsgebiet noch zu stark die zwei monodisziplinären Felder »Interkulturforschung« und »Managementforschung«. | Interdisziplinarität der Interkulturellen Managementforschung nimmt aktuell zu. |
(5) Zugrunde gelegtes Kulturkonzept | Vorrangig werden simplifizierende, statische Kulturkonzepte verwendet. | Interkulturelle Managementforschung weitet sich auf offene, dynamische Kulturkonzepte aus. |
(6) Terminologie | Es findet eine Verwechslung und Vermischung verschiedener Begriffe wie Kultur, kulturspezifisch, Kulturvergleich und Interkulturalität statt. Die Begrifflichkeit ist teilweise beliebig, teilweise inhaltsleer. | Saubere Trennung in Kulturspezifika, Kulturvergleich und interkulturelle Führung (»Interkultureller Dreischritt«) dient der klaren Konzeption der Interkulturellen Managementforschung. |
(7) Referenzsystem | Es wird zu wenig differenziert, auf welcher Aggregationsebene Interaktionen stattfinden, ob sie also individuell, gruppenbezogen oder gesamtkulturell erfolgen. | Geschichtet-differenzierte Analyse einzelner Akteure, sozialer Systeme (wie zum Beispiel Organisationen) und ganzer Gesellschaften (»Drei-Ebenen-Modell«) ist notwendig. |
(8) Nutzenerwartung | Vielfach sollen konkrete, häufig operative Probleme im Rahmen gegebener Kulturbedingungen gelöst werden können. | Verschiebung in Richtung komplementär-synergetischer Lösungen, die zudem strategischer gedacht und damit langfristiger gestaltet werden, ist zu beobachten. |
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