es nicht sein, das Selbstverwaltungsrecht zu schwächen. Art. 13 Abs. 2 BayHSchG nicht eindeutig zu entnehmen ist, ob es Fälle geben kann, in denen zwei Genehmigungen (durch Ministerium und) erforderlich sind. Da jedoch der Präsident bei der Genehmigung der Rechtsaufsicht untersteht,[152] ersetzt eine erforderliche staatliche Genehmigung die hochschulinterne. Ist die Genehmigung des Präsidenten rechtswidrig, kann das Ministerium sie rechtsaufsichtlich beanstanden.
f) Der Grundsatz des hochschulfreundlichen Verhaltens
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Aus dem Bundesstaatsprinzip des Grundgesetzes und Art. 28 Abs. 2 GG werden Treuepflichten der föderalen Ebenen zueinander abgeleitet.[153] Gestützt auf derartige Ansätze hat Dieter Lorenz den Grundsatz des „universitätsfreundlichen Verhaltens“ entwickelt,[154] wonach der Staat beim Handeln gegenüber den Hochschulen deren Interessen berücksichtigen müsse.
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Die Anknüpfung dieses Grundsatzes an das Prinzip der Bundestreue lässt allerdings außer Acht, dass die Bundestreue im Staatsorganisationsrecht wurzelt, während das Verhältnis der Hochschulen zum Staat grundrechtlich geprägt ist. Im Staatsorganisationsrecht resultiert ein Bedürfnis nach Konstruktionen wie der Bundestreue aber gerade daraus, dass sich aus den Grundrechten abgeleitete Maßstäbe wie die Regel „in dubio pro libertate“ nicht anwenden lassen.[155] Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz findet im Verhältnis zwischen Beteiligten mit allein staatsorganisationsrechtlich begründeter Rechtsstellung ebenfalls keine Anwendung.[156] Durch ihre grundrechtliche Grundlage unterscheidet sich die Beziehung Staat –Hochschule auch von anderen Selbstverwaltungsformen (s.o. II.). Dies legt es nahe, den Grundsatz des hochschulfreundlichen Verhaltens in den Grundrechten zu verorten:[157] Der Grundsatz wird, soweit es um den Schutz der Hochschulen vor Beeinträchtigungen durch Dritte geht, durch die Schutzpflichten aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG ersetzt.[158] Für Eingriffe des Staates in das Selbstverwaltungsrecht gilt (sowohl im Verwaltungs- als auch im Rechtssetzungsverfahren) das Verhältnismäßigkeitsprinzip[159] sowie die Einrichtungsgarantie aus Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV. Außerdem ist stets die Eigengesetzlichkeit als Grundprinzip der Wissenschaft zu achten. Dies gebietet dem Staat Zurückhaltung bei der Organisation von Bereichen, die unmittelbar mit Forschung und Lehre in Verbindung stehen. Daher hat der Staat auch, soweit ihm die Fachaufsicht obliegt, alle mittelbaren Einflüsse auf den Prozess der Entstehung und Weitergabe wissenschaftlicher Erkenntnis zu berücksichtigen.
aa) gegen den Staat
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Die bayerischen Hochschulen können ihr Selbstverwaltungsrecht dem Staat als subjektiv-öffentliches Recht entgegenhalten und es vor den Verwaltungsgerichten (zur Klage auf Erteilung einer Satzungsgenehmigung s.o. Rn. 196–198), dem BayVerfGH (Popularklage nach Art. 98 S. 4 BV, 55 VfGHG gegen Gesetze und Verordnungen; Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV, 51 ff. VfGHG gegen Einzelfallentscheidungen[160]) und dem BVerfG (Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG[161]) geltend machen. Maßnahmen, die sich gegen die Hochschule oder gegen eine ihrer Untergliederungen richten, können von Hochschulmitglieder oder Einrichtungen, denen durch die Maßnahme allein noch keine Grundrechtsverletzung droht bzw. deren Wissenschaftsfreiheit noch nicht strukturell gefährdet sein kann (z.B. Professoren einer anderen als der betroffenen Fakultät), nicht angegriffen werden.[162]
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Eingriffe des Staates in das Selbstverwaltungsrecht sind unzulässig, soweit sie dessen Kernbereich antasten.[163] Nicht jede Regelung, die eine Körperschaftsangelegenheit betrifft, ist jedoch ein unzulässiger Kernbereichseingriff. Ein solcher liegt nur dann vor, wenn der Hochschule eine Körperschaftsangelegenheit vollständig entzogen oder ihre Ausübung unmöglich gemacht wird. Auch in Fällen, in denen Regelungen den Kernbereich unangetastet lassen, hat der Staat allerdings, wie erwähnt, den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten und den Einfluss der Regelung auf freie Forschung und Lehre an der Hochschule zu berücksichtigen.
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Problematisch erscheint auf den ersten Blick, dass Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV das Selbstverwaltungsrecht nicht ausdrücklich begrenzt, während Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayHSchG nur ein „Recht der Selbstverwaltung im Rahmen der Gesetze“[164] anerkennt. Diese Diskrepanz ist jedoch nur eine scheinbare: Nach Art. 138 Abs. 1 S. 1 BV ist die Verwaltung der Hochschulen „Sache des Staates“. Art. 138 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 BV sind in praktische Konkordanz zu bringen.[165] Die Betonung, dass die Hochschulverwaltung Aufgabe des Staates ist in Abs. 1 S. 1, spricht dafür, eine Beschränkung der Selbstverwaltung nicht erst dann zuzulassen, wenn das staatliche Handeln dazu dient, mit diesem Recht kollidierenden Verfassungsgütern gerecht zu werden. Aus Art. 98 S. 2 BV – dieser findet hier trotz seiner verfassungssystematischen Stellung in einem anderen Abschnitt als Art. 138 BV zumindest deswegen Anwendung, weil Art. 138 Abs. 2 BV ein grundrechtsähnliches Recht ist – folgt außerdem, dass für Beschränkungen eine gesetzliche und den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes genügende Grundlage notwendig ist. Das Selbstverwaltungsrecht nach Art. 138 Abs. 2 S. 1 BV kann somit durch oder aufgrund eines verhältnismäßigen Gesetzes eingeschränkt werden. Diese Einschränkungsmöglichkeit bringt Art. 11 Abs. 1 S. 1 BayHSchG auf der einfachgesetzlichen Ebene zum Ausdruck.
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Wie erwähnt (s.o. Rn. 143–147) hat das BVerfG in seiner Entscheidung zum Brandenburgischen Hochschulgesetz festgestellt, dass eine Änderung des Hochschulorganisationsrechts dann gegen die Wissenschaftsfreiheit des Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG verstößt, wenn sie diese „strukturell gefährdet“, also wissenschaftsinadäquate Organisationsstrukturen geschaffen werden.[166] In weiteren Entscheidungen hat das Gericht die Maßstäbe dafür, wann eine solche Strukturelle Gefährdung vorliegt, konkretisiert.[167] Weil die akademische Selbstverwaltung mit der Wissenschaftsfreiheit in letztlich untrennbar engem Zusammenhang steht, lassen sie sich auf Art. 138 Abs. 2 BV übertragen:
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Die Gefahr einer strukturellen Gefährdung sieht das BVerfG insbesondere dann, wenn die Hochschulleitung zulasten der Kollegialorgane gestärkt wird und diese hochschulintern nicht hinreichend durch Kontrollrechte und Einflussmöglichkeiten der Professoren (über das Kollegialorgan) kompensiert wird. Für diesen Fall gilt: „Je mehr, je grundlegender und je substanzieller wissenschaftsrelevante personelle und sachliche Entscheidungsbefugnisse dem kollegialen Selbstverwaltungsorgan entzogen und einem Leitungsorgan zugewiesen werden, desto stärker muss im Gegenzug die Mitwirkung des Selbstverwaltungsorgans an der Bestellung und Abberufung dieses Leitungsorgans und an dessen Entscheidungen ausgestaltet sein“.[168] Maßgeblich ist nicht eine einzelne Kompetenzverschiebung, sondern das hochschulorganisatorische Gesamtgefüge.[169] Einen generellen Vorrang der Kollegial gegenüber den Leitungsorganen lehnt das BVerfG allerdings ab.
bb) im Binnenbereich
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Im Zuge von Hochschulreformen, die eine Stärkung der Hochschulleitung bewirkt haben, hat die Verteidigung des Selbstverwaltungsrechts im Binnenbereich einen erheblichen Bedeutungszuwachs erfahren. Die Möglichkeit eines Hochschulorganstreits wurde im Zusammenhang mit hochschulinternen Satzungsgenehmigungen bereits erwähnt. Sie kommt auch in anderen Fällen in Betracht, so etwa bei der internen Mittelverteilung und beim Streit um organschaftliche Rechte in der Binnenorganisation. Verfassungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen Maßnahmen der Hochschulleitung ist ebenfalls denkbar, es ist jedoch zu differenzieren:
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Der einzelne Hochschullehrer kann sich gegenüber Maßnahmen, die Forschung und Lehre unmittelbar betreffen, auf seine Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG und Art.