Z. Bär

Ina


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verheiratet oder er hatte kein so hohes Auskommen, dass er Madam Nilia den Lebensstandart ermöglichen konnte den sie sich gewohnt war. Vielleicht war er auch ein Freund von Nilia, oder ein Offizier der von Nilia gefördert wurde.

       „Haben Sie lange auf der Strasse gelebt?“ Nun war es Map, die das Schweigen brach. „Solange ich denken kann, Miss Map.“ Map lachte: „Oh, bitte nennen sie mich nicht Miss. Ich bin zu alt für diesen Ausdruck. Ich bin einfach nur Map.“ Kilven erwiderte ihr Lachen: „In Ordnung. Und ich bin einfach nur Kilven.“

       „Einverstanden. – Hast du Familie Kilven?“

       „Eine Schwester“, sagte er heiter. „Wirklich?“ Fragte Map erstaunt. „Ina. Sonst niemanden. Und du Map?“ Sie lachte: „Ich habe keine Familie. – Und bisher war mir auch nicht bekannt, dass Ina einen Bruder hat“, sie beäugte die beiden interessiert. „Hat sie. Und wir hätten noch Verwendung für eine Mutter“, Fügte er mit seiner charmanten Art hinzu. Map lachte laut, dass die Wachen zu ihnen herüber sahen: „Ist das etwa ein Angebot?“

       „Ja. Ina hat immer in den besten Tönen von dir gesprochen. Wenn es biologisch nicht unmöglich wäre, würde ich glauben, dass ihr zwei Mutter und Tochter seid.“ Map presste ihre Lippen zusammen: „Ich wollte immer Kinder. Und wenn ich jemals eine Tochter gehabt hätte, wäre sie hoffentlich wie Ina gewesen“, ihre Stimme bekam einen merkwürdigen, melancholischen Klang. Ina sah zu Map auf, ihre Blicke trafen sich. „Dann nimmst du das Angebot an?“ Hackte Kilven nach. Map wechselte ihren Blick von Ina zu Kilven und wieder zurück: „Ihr beide meint das ernst?!“ Es war nicht wirklich eine Frage und keiner von ihnen antwortete. Ina wusste, dass es nichts gab, was sich Kilven sehnlicher wünschte als eine Familie. - Scheinbar war er gerade dabei sich eine zu basteln. Wobei sie sich etwas anderes vorstellen konnte, als seine Schwester zu sein. „Nun, dann habe ich jetzt wohl zwei Kinder.“ Kilven legte seine Hand auf Map’s Hand: „Willkommen in der Familie.“ Sie lächelte: „So werden Heute also Familien gegründet. – Und wer ist euer Vater? General Nilia?“ Kilven verzog seinen Mund: „Wir kommen ohne aus.“ Map wirkte damit sehr zufrieden: „Gut. Denn ich war einmal verheiratet, das reicht mir.“

       Den Rest der Fahrt legten sie schweigend zurück.

       Das Gebäude das sie suchten befand sich direkt vor der Station. Es herrschte ein reger Andrang. Alle Rekruten von sämtlichen Rekrutenschulen dieses Teils von Seran waren dort um ihre neuen Uniformen zu holen und jeder der das Gebäude betreten wollte musste sich vorher autorisieren. In dem Gebäude gab es zwei Reihen. Links waren alle Frauen und rechts alle Männer. Sie standen vollkommen geordnet in einer geraden Linie. „Wir treffen uns vor dem Gebäude“, sagte Map zu Kilven bevor er sich eingliederte.

       Die Schlange bewegte sich schnell vorwärts. Zuforderst standen zehn Schneider die bei jedem Rekruten Mass nahmen. Neben jedem Schneider stand sein Schüler der die Masse auf einem Zettel notierte. Es dauerte nicht länger als fünfzehn Minuten bis sie zuvorderst standen und Ina die Masse genommen wurden. Danach sagte der Schneider die abgehackten Worte: „Fahrstuhl fünf, Etage drei“, und schon kam die nächste Rekrutin an die Reihe.

       Die verschiedenen Fahrstühle standen für die verschiedenen Grössen der Rekruten und die Etagen definierten die anderen Masse.

       Fahrstuhl fünf, Etage drei. Dort waren die Uniformen die ihrer Grösse entsprachen. Zusammen mit Ina und Map betraten noch einige andere Rekrutinnen den Fahrstuhl. Er machte halt auf der ersten Etage, wo zwei davon wieder ausstiegen. Danach auf der dritten, wo nur sie und Map den Fahrstuhl verliessen. Kaum hatten sie die Etage betreten, wurden sie von einer jungen Frau in Empfang genommen, die sie zu einer Umkleidekabine führte. Dort nahm sie Ina den Zettel ab und bat sie einen Moment zu warten. Links und rechts von ihnen waren sämtliche Rekrutinnen daran, die Uniformen die ihnen laufend gebracht wurden anzuprobieren.

       Nach zwei Minuten kam das Mädchen zurück. Ihre Arme waren mit Uniformen voll gepackt. Sie hängte sie an die Stange vor der Kabine und ging wieder. Es gab zahlreiche verschiedene Uniformen. Für Feiern, offizielle Anlässe, den normalen Dienst, den Bereitschaftsdienst, Missionen auf staubigen Planeten, Missionen auf feuchten Planeten, sportliche Aktivitäten, usw.

       Ina ging in die Kabine und zog sich die erste Uniform an. Es war die für Feiern. Diese würde sie am Abend tragen. Die Uniform war von oben bis unten und von innen bis aussen blau, damit die Abschlussrekruten deutlich von den Soldaten und Offizieren herausstachen. Was für eine Verschwendung. Diese Uniform trug jeder Soldat nur ein einziges Mal in seiner gesamten Karriere. Das Hemd hatte einen breiten Kragen. Es wurde mit einer Art kleiner Häkchen, die sich unter der Überlappenden Naht versteckten, geschlossen. Das Jackett, das gerade mal bis zur Naht der Hosen reichte, hatte dasselbe Verschlusssystem. Die Hose war ziemlich eng. Erst vermutete Ina, dass es die falsche Grösse sein musste aber es war die richtige Grösse. Sie verliess die Kabine um sich im Spiegel anzusehen. Map’s Gesichtsausdruck sagte alles. Es waren keine weiteren Worte nötig. Ina stand vor dem Spiegel und knöpfte das Jackett zu, während Map ihr den Kragen richtete und den Rücken glatt strich. Danach griff sie mit beiden Händen um Ina’s loses Haar, drehte es ein par Mal und hielt es ihr an den Hinterkopf: „Du siehst aus wie -“, Map konnte es nicht beschreiben, sie fand keine passenden Worte.

       „Schade, dass niemand hier ist der dich“, sie liess ihre Hände auf Ina’s Schultern gleiten und bestaunte sie im Spiegel. Ina hob ihre Hand und legte sie auf Map’s: „Du bist hier.“

       „Deine Eltern wären Stolz auf dich.“ Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. „Stolz? Dass ihre Tochter für das seranische Militär arbeitet? Ich denke nicht.“ Map schwieg kurz: „Dass du die Rekrutenschule beendet hast. Ich wäre es. – Ich bin es.“ Ina drehte sich um, küsste Map auf die Wange und flüsterte: „Das reicht mir“, danach ging sie zurück in die Kabine um die restlichen Uniformen anzuprobieren. Jede Uniform wurde von Map’s kritischen Augen genau geprüft. Länge der Ärmel, breite der Schultern, Länge der Hosen usw.

       „Wieso hast du heute Morgen geweint?“ Ina wusste, dass Map diese Frage früher oder später stellen würde, aber sie hoffte, dass es später sein würde. „Hat er dich gekränkt?“ Ina kam aus der Kabine und Map richtete wieder den Kragen der Jacke, während Ina die Knöpfe der Ärmel schloss. „Nein.“ Map nickte. Der Anstand untersagte es ihr, weiter nachzufragen. „Kilven würde nichts tun das mich kränken könnte.“ Erneut zog Map ihr die Haare zurück und betrachtete sie im Spiegel: „Sitzt gut. Du kannst die nächste anprobieren.“ Ina ging wieder in die Kabine und streifte sich das nächste Model über, ging hinaus und stellte sich erneut Map’s Blick. „Er gab mir ein versprechen, das mir sehr viel bedeutet.“ Map fragte skeptisch: „Bedeutet es ihm auch viel?“ Ina schloss den letzten Knopf: „Kilven hält sein Wort.“ Map strich ihr über den Rücken: „Dann ist es ja gut. – Die nächste.“ Und wieder verschwand Ina in der Kabine und wechselte die Kleidung. „Was hältst du von ihm?“ Map stellte sich auf ihre rechte Seite und prüfte die Länge des Ärmels: „Bisher scheint er ein netter, anständiger, aufgestellter junger Mann zu sein. Bis jetzt mag ich ihn.“

      Es dauerte tatsächlich zwei Stunden, bis sie jede Uniform anprobiert hatte, und Stücke die nicht passten ausgewechselt waren. Am Ende musste sie nur noch die Entscheidung treffen, wie viele Exemplare sie von jeder Uniform haben wollte. Da die Regierung und somit auch das Militär überall Kosten einsparte, musste jeder Soldat seine Uniformen selber berappen. Ina unterhielt sich mit Map darüber, wie viele sie benötigen würde.

       „Es gibt auch gebrauchte Uniformen. Diese bekommen sie zur Hälfte des Preises.“ Sie sahen das junge Mädchen an, das ihnen diese Information gab. „Danke. Aber das ist nicht nötig.“ Das Mädchen lächelte und blieb an Ort und Stelle stehen. Sie war nur für Ina zuständig und wartete geduldig auf ihre Bestellung. Ina nahm dem halben Kind den Zettel ab und notierte die Anzahl der jeweiligen Uniformen die sie haben wollte. Map sah Ina mit grossen Augen an, als sie die Mengen auf dem Zettel sah. „So viele Ina?“ Sie nickte nur. „Aber die Hälfte würde doch sicher auch ausreichen?“ Natürlich hatte Map mit diesem Einwand Recht. „Das würde es. Aber ich habe nicht vor ihn zu schonen. Die Kosten für meine Ausbildung haben sich für ihn gelohnt, dann wird er bei meinen Uniformen nicht sparen wollen. Oder?“ Map senkte ihren Kopf: „Er wird einen Wutausbruch haben. Willst du das?“ Nilia hatte sie und Kilven auf