Christin Thomas

Hope


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Bisher schienen sie tatsächlich glimpflich davonzukommen, doch der Professor war sich sicher, dass man sich dennoch bald auf die Suche nach ihnen machen würde. Die Öffentlichkeit sollte nichts über das R2-Modell wissen, also würde Mister Winson alles daran setzen, dass die Sicherheitskräfte Cyrons weitgehend vorsichtig handeln würden. Mittlerweile würden sie längst erfahren haben, dass es sich bei den Flüchtlingen nicht um Magier handelte. Jagdgleiter zu entsenden hätte die Stadt vermutlich nur unnötig mehr geängstigt. Es gab für den Rat schon genug Lügen zu erfinden, wieso es eine Explosion gegeben hatte und ein Gleiter beschossen worden war. Der Stadtrat würde seine Sache wie immer gut machen.

      Nun galt es Frank vom Forschungszentrum zu kontaktieren und über ihn eine kurze Nachricht an Roberts Frau zu übermitteln. Vorsichtig blickte der Professor auf die Rückbank. Sam schlief tief und fest. Ihm hatte die Aufregung ziemlich zugesetzt und so hatte er es sich, so gut es eben ging, etwas gemütlich gemacht.

      Sky sagte nichts. Mit großen Augen sah sie den Professor nur an und nickte, als wollte sie ihm deuten, dass es Sam gut ginge. Robert griff in seine Tasche und zog ein Laser-Skalpell hervor. Er reichte Sky das kleine Metallröhrchen. Sie griff behutsam danach.

      „Was ist das?“, flüsterte sie.

      „Ich werde gleich wieder mit Coroc Verbindung aufnehmen müssen. Das ist der einzige Weg, ein Gespräch mit einem meiner Kollegen aufnehmen zu können. Sie werden das Fahrzeug danach orten können und selbst, wenn wir es bis zu ihrer Ankunft verlassen haben, werden sie nach uns suchen. Sam und ich tragen Implantate in den Oberarmen. Mit diesen kann man die Körperfunktionen messen und somit sämtliche Verletzungen oder Krankheiten identifizieren. Aber es gibt noch eine andere Funktion“, Robert sah besorgt zu seinem schlafenden Sohn hinüber.

      „Es übermittelt euren Aufenthaltsort“, vollendete Sky seinen Satz.

      Der Professor nickte. „Nur wenn sie sich in einem Radius von etwa zehn Meilen befinden. Noch sind wir weit genug entfernt und der Gleiter weiterhin von Coroc getrennt. Aber da wir in den nächsten Tagen, so gut es geht, ohne technische Hilfsmittel auskommen müssen, kann ich nur jetzt meine Nachricht senden.“

      Sie nickte verständnisvoll. „Wie viel Zeit werden wir haben?“

      „Etwa fünf Stunden. Ich schätze, dass sie Jagdgleiter schicken werden und diese legen die Strecke doppelt so schnell zurück. Wenn wir Glück haben, entsenden sie diese von einer Außenstation und nicht direkt aus Cyron. Das könnte uns noch eine weitere Stunde Zeit verschaffen. Sams Implantat entferne ich selbst. Meins musst du für mich herausholen. Schaffst du das?“

      Ihre blauen Augen fielen auf das Röhrchen in ihrer Hand. Sie wollte nicht, dass man die beiden finden und für all das bestrafen würde. Seit ihrem Aufbruch gingen ihr immer wieder die Worte des Stadtrates durch den Kopf.

      „Schaffst du das, Sky?“, ertönte das durchdringende Flüstern des Professors.

      Sie wollte keine Gefahr sein. Sky wollte es dem Professor und auch Menschen wie Mister Winson, der ihr so misstrauisch entgegengetreten war, unbedingt beweisen.

      Fest entschlossen umklammerte sie das Röhrchen und blickte entschieden und mit neuer Kraft auf. „Ja, Robert.“

      „Gut“, er lächelte und drehte sich dann zur Konsole des Gleiters. „Automatische Steuerung deaktivieren“, lautete sein Befehl. Der Steuerknüppel glitt wie Wasser in die Armatur zurück und die Leuchtdioden, die bis dahin grünes Licht gegeben hatten, strahlten nun in Gelb.

      „Kontakt zu Frank Steele herstellen!“

      Sky beobachtete, wie der Professor nervös mit den Fingern auf der Armlehne tippelte. Noch hörte man aus dem Fahrzeug nur eine Stimme, die darum bat zu warten.

      Sam schlug verschlafen die Augen auf, als er von diesem Geräusch geweckt wurde. „Dad?“, murmelte er.

      „Sscchhtt“, wandte Sky sich behutsam an ihn. Ihr Zeigefinger lag auf ihren gespitzten Lippen und Sam runzelte verwundert die Stirn. Er hatte nichts von ihrem Gespräch mitbekommen. Neugierig sah er in die Dunkelheit hinaus.

      „Wo sind wir?“, fragte er leise.

      „Forschungszentrum Cyron, Frank Steele“, meldete sich plötzlich eine ihm bekannte Stimme.

      „Frank, ich bin es, Robert.“ Die Worte waren hektisch. Sam spürte den Druck, der auf seinem Vater lag, und richtete sich nervös auf.

      „Robert, was ist passiert? Wir werden seit heute Vormittag gedrängt die Tore des Zentrums zu öffnen und Zugriff auf sämtliche Daten zu gewähren. Wir mussten Verone vorübergehend abstellen, weil Coroc versuchte über sie Eintritt zu erlangen.“

      „Frank, ich habe keine Zeit für Erklärungen“, drängte Sams Vater. „Ihr müsst die Daten der R2-Serie und ihren Lagerraum versperren. Sie können alles haben, aber das nicht!“

      „Sie wollen sie nicht freigeben, oder?“ Frank klang besorgt.

      „Ach, verdammt! Das ist es nicht wert, Robert.“ Man konnte förmlich hören, wie er sich verzweifelt über das Gesicht strich.

      „Sag meiner Frau, dass wir in der Vergangenheit sind. Sie wird das verstehen. Sie muss uns dort abholen.“

      „Natürlich, das werde ich umgehend tun“, erwiderte Frank. „Aber ich kann dem Stadtrat die R2-Serie nicht ewig verwehren. Wir machen uns strafbar und du riskierst mit dieser Aktion außerdem deinen Standpunkt. Denk daran, was du erreicht hast, Robert.“

      „Genau daran denke ich ja, Frank. Irgendetwas stimmt da nicht. Vertrau keinem von ihnen!“

      Sein Vater beendete ohne weitere Worte die Verbindung und wies den Gleiter erneut an, in den manuellen Modus zu wechseln.

      „Werden sie uns jetzt nicht finden?“ Sam warf einen fragenden Blick nach vorn.

      Nur langsam drehte sein Vater sich zu ihm um. „Der Gleiter bleibt hier, mit ihm kommen wir niemals unbemerkt in das Gebiet der Magier.“ Er zog den rechten Arm aus dem Ärmel seiner weißen Jacke. Danach rückte er näher zur Mitte des Innenraums. Auch Sky richtete sich weiter nach vorn.

      „Was wird das?“, Sam erkannte das Skalpell und obwohl er die Frage stellte, wusste er bereits, was sie vorhatten.

      „Mach ganz schnell, Sky. Ertaste es mit deinen Fingern. Es ist achteckig und sehr flach, daher reicht es aus, wenn du einen Schnitt daneben setzt und es dann vorsichtig herausdrückst. Wenn du die Stelle gefunden hast, musst du deinen Zeigefinger nur in der kleinen Vertiefung halten, um den Laser des Skalpells zu aktivieren.“

      Sie nickte.

      „Nein!“, wandte Sam beunruhigt ein. „Wir schneiden hier mit Sicherheit keinem von uns den Arm auf.“ Er schluckte und rieb sich augenblicklich nervös Daumen und Zeigefinger, doch sein Vater warf ihm einen liebevollen Blick zu.

      „Ich habe ein paar Betäubungskerne dabei. Du wirst nichts merken. Denk an die Heldengeschichten aus deinen Büchern, an jene, die ein Leben oder viele zu retten haben. Das ist deine Geschichte, Sam. Du musst Sky jetzt retten und es gibt keinen anderen Weg als diesen, mein Junge.“

      Dann bat er den R2 den Schnitt zu setzen. Sam wollte eigentlich nicht hinsehen, doch wie gebannt konnte er den Blick nicht von diesem Szenario lösen. Ihre Finger fuhren vorsichtig über die Haut seines Vaters.

      Das ist meine Geschichte, schoss es ihm durch den Kopf.

      Sky fühlte das Implantat und man konnte es ganz leicht erkennen, als sie die umliegende Haut straffte.

      Es gibt keinen anderen Weg, hallten die Worte seines Vaters wie ein Echo in seinem Inneren wider. Sie schaltete den Laser ein und aus dem Röhrchen erschien ein heller Lichtstrahl, zart und gerade einmal zwei Zentimeter lang. Sie setzte den Laser auf und sein Vater biss die Zähne zusammen. Er stöhnte kurz, gab danach aber keinen Laut mehr von sich, als sie seine Haut Durchschnitt. Blut floss.

      Ich werde ihr Leben retten, tanzten die Worte in Sams Kopf umher. Dann schob sie das Plättchen bis zur Wunde. Sein Vater hatte inzwischen