John Marten Tailor

SINODIS


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mich völlig wahnsinnig. Wir sollten uns beeilen, man erwartet uns ...« Ich schaute nach Jacks Rücken und streifte uns anschließend die Nachthemden über. Ich nahm ihn in die Arme, küsste ihn, sah in seine braunen Augen, und so verharrten wir. Wir brauchten keine Worte.

      »Du machst mich immer so nervös«, ließ Jack bald verlegen verlauten.

      »Nein, das ist einfach nur Liebe«, platzte ich heraus. »Na komm, die Ärzte können nicht den ganzen Tag warten.« Auf dem Flur empfing uns eine Krankenschwester wie aus dem Lehrbuch mit mürrischem Gesichtsausdruck.

      »Sie werden bereits erwartet. Hier entlang.« Sie wies uns den Weg in einen anderen Raum. Dort begrüßten uns drei grinsende Gesichter, die zu dem Ärzteteam gehörten, das uns untersuchen sollte. Siedend heiß wurde mir bewusst, dass die Wände in diesem Haus wohl doch nicht so schallisoliert waren, wie vermutet. Ich versuchte es mit einer altbewährten Methode. Flucht nach vorn.

      »Was ist? War das nicht gut, was ihr gehört habt?«

      »Doch doch, wir sind ja nicht taub, Mademoiselle«, antwortete einer der drei Männer verschmitzt lächelnd. »Sie konnten sich etwas erholen, nehme ich an?« Die Mediziner stellten sich kurz vor, untersuchten uns gründlich, murmelten auf Französisch ein paar Worte, die ich nicht verstand und ließen uns wissen, dass sie mit den Heilungsprozessen äußerst zufrieden wären. Die Schussverletzungen hatten sich in den letzten Tagen gut geschlossen, sollten aber nicht überbeansprucht werden. Die plakativen Schürfwunden auf meiner Rückseite waren trocken.

      »Sie haben gutes Heilfleisch«, wurde ich gelobt. Zu den Vernarbungen auf Jacks Rücken meinte der Älteste:

      »Ich rate zu einer plastischen Operation. Schonen Sie sich die nächsten Tage unbedingt noch. Von uns bekommen Sie ein paar Schmerztabletten und Verbandsmaterial, damit sollten Sie über die Runden kommen.«

      »Prima.« Einige fachliche Fragen unsererseits notierten sie sich und stellten uns dann einen Zugangscode für ein spezielles Krankenhaus zur Verfügung.

      »Nur mit diesem Code erhalten Sie Zutritt in unsere Charité in Paris, haben Sie das verstanden? In spätestens sechs Monaten sollten Sie dort vorstellig werden, junger Mann. Ich rate Ihnen dringend, den Termin wahrzunehmen. So, damit sind die Untersuchungen abgeschlossen. Wir wünschen alles Gute für Sie beide.«

      Wir bedankten uns, aber als sie sich verabschiedeten, trat einer nah an mich heran und flüsterte:

      »Erinnere dich, Amily«, und ging. Mich ließ er perplex zurück. Jack fragte:

      »Was hat er gesagt?«

      »Ich soll mich erinnern.«

      »Was bedeutet das?«

      »Ich habe keine Ahnung.«

      Im Flur begegnete uns Alfons, unser Gastgeber.

      »Alles in Ordnung mit Ihnen?«

      »Ja, wir haben den TÜV-Stempel bekommen«, scherzte ich.

      »Sehr schön. Für die weitere Genesung steht Ihnen mein Haus zur Verfügung. Die nächsten zwei Wochen können Sie hier in Ruhe verbringen, dann werden Sie abgeholt. Ich melde mich zu gegebener Zeit. Fühlen Sie sich wie zu Hause.«

      »Vielen Dank, das ist sehr großzügig von Ihnen. Aber weshalb tun Sie das alles? Wir sind doch Fremde für Sie.«

      »Meine Liebe, es wird sich alles zu gegebener Zeit klären. Seien Sie unbesorgt. Ruhen Sie sich aus, werden Sie gesund. Das ist alles, was zählt.« Das war nicht die Erklärung, auf die ich gehofft hatte, aber mehr Infos sollte ich nicht bekommen.

      »Na gut, aber es gibt da ein Problem. Unsere Sachen sind abhandengekommen. Das heißt, wir stehen mit leeren Händen da.«

      »Es ist für alles gesorgt. Und wenn dennoch etwas fehlt, lassen Sie es mich wissen.«

      »Das ist … unglaublich. Hast du gehört, Jack? Lass uns spazieren gehen und Sonne tanken! Es ist wunderschön draußen. Und das Meer ist auch nicht weit.«

      »Nein, Amily, heute nicht. Gib mir noch ein bis zwei Tage, dann gehen wir bestimmt.«

      »Sehr vernünftig«, kommentierte Alfons und ging seines Weges. Jack hatte sich auf das Bett gelegt, wollte sich entspannen und forderte mich auf, es ihm gleichzutun.

      »Komm, Kleines. Wir sollen uns ausruhen«, sagte er und schloss die Augen. Im selben Augenblick war der Mann meiner Träume eingeschlafen. Na super, dachte ich und legte mich notgedrungen neben ihn. Wenn ich doch auch wie auf Kommando immer und überall ratzen könnte … Es gab für mich nichts zu tun. Es gab keinen Fernseher oder wenigstens ein Radio. Auch keine Bücher, die ich eh nicht hätte lesen können. Ich schloss die Augen und versuchte etwas Schlaf zu finden. Morgen war auch noch ein Tag.

      Die Sonnenstrahlen weckten mich in der Früh, noch vor Jack. Ich spürte einen leichten Windzug, am gekippten Fenster wehten die Gardinen hin und her. Sich am Morgen ausgiebig zu räkeln, war genau mein Ding, doch dadurch wurde ich an meine Verletzungen erinnert. Müde schaute ich zu Jack rüber, der fest schlummerte. Seine Gesichtsmuskeln bewegten sich, sie zuckten, und ich schloss daraus, dass er träumte. In dieser Phase wollte ich ihn nicht stören, darum beschloss ich, unter der Dusche ausgiebig meiner Körperpflege nachzugehen, einschließlich einer Rasur. Ich hasste nichts mehr, als dass irgendwo an meinem Körper Haare sprießten. Mit nur einem Handtuch um mein Haar betrat ich wieder das Schlafzimmer, zog Jack die Bettdecke weg, um ihn ansehen zu können. Was für ein Mann. Ich liebte ihn mehr als mein eigenes Leben. Er machte mich lebendig, war auf eine Weise fordernd, die einerseits nicht aufdringlich war, mich aber andererseits spüren ließ, dass er mich aufrichtig liebte. Für ihn würde ich in den Tod gehen, ohne mit der Wimper zu zucken. Es klopfte an der Tür.

      »Moment, bitte!« Erschrocken deckte ich Jack zu und warf mir schnell einen Bademantel über, dann legte ich mich auf das Bett.

      »Herein? Oh, Alfons.«

      »Das Frühstück, Mademoiselle.«

      »Stellen Sie es doch bitte wieder auf den Tisch, danke.« Alfons verließ wortlos den Raum. Langsam zog ich das Laken ganz runter, sodass Jack frei lag. Von ihm kam kein Mucks. Sehnsüchtig schaute ich auf seinen Penis, beugte mich ganz dicht über Jack, gab ihm einen Kuss. Plötzlich war da seine Hand. Er packte mich überraschend kraftvoll und warf mich auf den Rücken. Das tat weh! Ich schrie, mir traten die Tränen in die Augen.

      »Spiele nicht mit dem Feuer, Amily.«

      »Nein, Jack, nein. Ich wollte dich nur wecken. Das Frühstück ist schon da und ich, ich ...« Aber er amüsierte sich auf meine Kosten, dieser Mistkerl!

      »So, jetzt können wir frühstücken, Amily, mein Schatz.« Ich, noch immer völlig außer Atem, hatte in dieser Situation die Oberhand verloren, mein Schoß wurde feucht, ich hätte ihn auf der Stelle vernaschen können. Was sollte er um Himmels willen von mir denken? Er konnte ja nicht wissen, dass es vor ihm nur einen Partner gegeben hatte, der aber kaum Sex mit mir haben wollte. Meist blieb es bei Kuscheln, Petting oder mal einem Blowjob. Man konnte sagen, ich war ausgehungert nach körperlicher Zuneigung. Jack hatte, ohne es zu wissen, Feuer an die Zündschnur gelegt und damit etwas ausgelöst, das sich nicht mehr aufhalten ließ. Er war imstande, mich mit grade mal einem Kuss zu erregen. Ich ging zum provisorischen Frühstückstisch. Jack hatte derweil Kaffee eingeschenkt, wartete geduldig, bis ich mich gesetzt hatte, und reichte mir Croissants und Butter. Seine Blicke klebten an mir.

      »Was ist?«

      »Nichts, meine kleine Amily. Ich muss dich einfach nur anschauen. Du bist so schön, und ich frage mich seit unserer ersten Begegnung, womit ich dich verdient habe.«

      Kauend erwiderte ich: »Tja, wenn ich das wüsste. Aber Spaß beiseite, ich genieße es, mit dir zusammen zu sein. Beeilen wir uns, um an die Sonne zu kommen.« Das Frühstück war schnell verschlungen.

      »Wir können doch nicht im Nachthemd gehen«, wandte Jack ein. »Ich bin ja nicht eitel, aber ...«

      »Lass dich überraschen. Ich glaube«, neugierig öffnete ich den Kleiderschrank, »hier