Madeleine Abides

Frühstück für Tiffany


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über dem Po zusammenbinden konnte. Er hielt korrekt Abstand, als er das tat, aber dennoch schien es mir, als ob uns nur ein plötzlicher Windstoß von einer aufregenden Umarmung trennte. Was natürlich so falsch gar nicht war.

      Plötzlich fühlte ich mit verwirrender Klarheit, dass es in diesem Kein-Nilpferd-sondern-Flusspferd-Nashornhaus drückend schwül war. Die stehende Luft war stickig aufgeladen von der Hitze des Sommers und geschwängert vom Dunst des schlierendurchzogenen Wassers, in dem die Hippobullen ihr Revier markierten, indem sie den eigenen Kot möglichst flächendeckend verteilten. Momentan badeten sie fast reglos und schienen nicht einmal Lust zu haben, sich die Zeit mit den spaßigen Spielen ihrer weit aufgeblähten Nüstern zu vertreiben. Es lag etwas Animalisches im Raum, eine aufgeheizte Spannung, der ich mich auf einmal nicht länger zu entziehen vermochte.

      Auf meiner Haut fühlte ich hauchzarte Schweißperlen. Schwer zu sagen, ob sie von der schwülen Hitze in dem kleinen Bau herrührten oder von meiner rasch zunehmenden Erregung. Es war ein höchst berückendes Gefühl, dass da ein attraktiver Mann zielstrebig an meinem edlen Körper herummachte, ohne dass ich selbst sehr viel mehr dazu beitragen durfte, als einfach nur fügsam stillzuhalten.

      Jäh zuckte ich zusammen, und der Anflug einer Gänsehaut überzog meinen Körper, als er die Krawatte ruckartig um meine über dem Po aufeinandergelegten Handgelenke straffte. So gerade noch konnte ich den kleinen Aufschrei unterdrücken, der mir auf der Zunge lag. Gerade jetzt wollte ich auf keinen Fall verängstigt wirken. Na hoffentlich wusste er wenigstens den Anblick meiner entzückenden Rückenpartie zu schätzen, die er gerade vollkommen ungeniert studieren konnte!

      „Keine Angst“, sagte er lächelnd, als ich mich etwas besorgt umwandte, weil ich spürte, dass meine Handgelenke erstaunlich fest aneinandergeknotet waren. „Wir verstecken alles unter Ihrer langen Jacke, und falls wilde Räuber aus dem Gebüsch brechen, werde ich Sie heldenhaft beschützen.“

      Unwillkürlich musste ich lachen.

      Er lachte mit, wenn auch vielleicht ein wenig unbekümmerter und weniger angespannt als ich.

      Dann, als er um mich herumkam und ich seinen offenen Hemdkragen zu Gesicht bekam, sah ich etwas Fragendes in seinem Blick. Und jetzt musste ich grinsen, weil er gar so verunsichert dreinsah. War sich wohl schon gar nicht mehr so sicher, ob er nicht doch zu weit gegangen war.

      Ich dagegen war für einen Augenblick richtig angetan, weil ich diese schicke Krawatte straff verknotet an meinen Handgelenken wusste. Das Ding war ruiniert. Unter Garantie!

      He, war das vielleicht ausnahmsweise mal ein Mann, der für eine Frau etwas aufzugeben bereit war? Und wenn es nur seine weinrote Mittwochskrawatte mit niedlichen silbergrauen Pünktchen war.

      Einige Überwindung kostete es mich trotzdem, mich schließlich mit ihm Richtung Zoorestaurant in Bewegung zu setzen. Die Hände gefesselt zu haben war, naja – schon sehr ungewohnt!

      Ich erwartete natürlich, dass er die Situation früher oder später ausnutzen würde. Eine Hand auf den Po, ein verwegener, aber natürlich rein zufälliger Griff an die Brüste – wie hätte ich ihm schon wehren wollen?

      Doch keine Spur.

      Er schlenderte unbekümmert neben mir her, als hätte die Situation absolut nichts Aufregendes. Ließ mich frei laufen, war heiter, aufgeräumt, witzig. Nur seine prüfenden Blicke tasteten vermutlich jeden Quadratzentimeter meines gut gewachsenen Körpers dreifach ab. Hoffte ich jedenfalls. Schade nur, dass die leichte Jacke jetzt einiges verdeckte, wo ich doch glücklicherweise dieses luftig-leichte Sommerkleid trug, in dem ich ihn mit jeder Bewegung darauf aufmerksam machen konnte, dass er es hier mit einem Spitzenweib zu tun hatte.

      Es war mir auf einmal wichtig, dass ihm das klar war. Ich wollte nicht, dass er mich für sonstwas hielt, gerade wo ich innerlich schön langsam gegen eine gewisse Furcht anzukämpfen hatte, die Sache nicht mehr vollständig im Griff zu haben. Es sah vermutlich nicht gerade cool aus, wie ich da recht ziellos und immer wieder unsicher um mich sehend neben ihm hertapste. Fast so wie ein junges Hundchen, das noch nicht so recht weiß, was Herrchen von ihm erwartet. Manchmal, als hätten wir überhaupt nichts miteinander zu tun. Und diese Vorstellung war mir auf einmal gar nicht mehr besonders sympathisch.

      Erstens weil sie albern war. Zweitens weil ich mich mit der Zeit schutzbedürftig zu fühlen begann. Und drittens weil der Kerl anfing, mich zu interessieren.

      Ernsthaft zu interessieren.

      Ich selbst war es schließlich, die Tuchfühlung herstellte. Ich lehnte mich gegen ihn, neigte für einen Moment den Kopf an seine Schulter und animierte ihn, ohne dass er es merken konnte, wenigstens den Arm um mich zu legen. Sobald ich seine Hand auf meiner Hüfte spürte, lauschte ich meinen innersten Empfindungen. Mit befriedigendem Ergebnis. Es war keine Wende zum Schlechteren, eigentlich genau richtig.

      Der Kerl konnte zupacken. Absolut!

      Und ich war garantiert nicht die erste Frau, die er mit diesem entschlossenen Griff an sich zog. Fast so, als wolle er ganz nebenbei zeigen, dass er sich im Zweifelsfall jederzeit nehmen konnte, worauf er Lust hatte.

      Ob er auf mich Lust hatte?

      Spontan machte ich ein wenig auf verliebtes Pärchen, rieb meine Stirn kosend an seiner Schulter und war gespannt auf seine Reaktion. Die kam aber nicht, jedenfalls nicht so, wie ich gedacht hätte. Er lachte nur glucksend auf, löste kurz den Griff seiner Rechten und gab mir einen leichten Klaps auf den Po.

      Ich juchzte kurz auf, wollte ihn vorwurfsvoll ansehen, doch schon beim Kopfheben merkte ich, dass das gründlich danebenging. Während ich mich noch bemühte, meine schönen Lippen zu einem möglichst überzeugenden Schmollen hochzuziehen, grinste er mich bereits hämisch an, und dann hatte er meine Taille auch schon wieder so sicher im Griff wie zuvor.

      Mist! Diese Runde ging auch schon wieder an ihn.

      Der tadelnde Klaps, den er mir da verabreicht hatte, entfaltete eine nachhaltige Wirkung. Es fühlte sich fast so an, als ob ich mir mit meiner schmusenden Annäherung etwas herausgenommen hätte, was mir nicht oder noch nicht erlaubt war, und das ärgerte mich.

      Die kleine Zurückweisung war auch nicht gerade geeignet, mein Selbstbewusstsein zu stützen. Was mir insofern ungelegen kam, als uns auf dem Weg zum Restaurant viele Leute begegneten und ich ständig das Gefühl hatte, sie müssten mir sofort ansehen, was er mit mir angestellt hatte. Tatsächlich aber gab es keinerlei Reaktion, die darauf hingedeutet hätte.

      So lehnte ich meinen Kopf irgendwann doch wieder kess gegen ihn, achtete aber extra darauf, nicht wieder zu weit zu gehen. Und tatsächlich fühlte ich mich so an ihn gelehnt, sanft geborgen in seinem Arm, schon bald bemerkenswert sicher. Lustvoll sicher.

      *

      Angekommen am Zoorestaurant suchte er auf der wunderschönen Terrasse einen Platz mit Blick auf den Pavianfelsen aus und rückte mir einen Stuhl zurecht. Sehr zuvorkommend! Es würde ein Kinderspiel sein, den Burschen dahin zu kriegen, wo ich ihn haben wollte.

      Jetzt, zur Mittagszeit, war in dem Lokal ordentlich Betrieb. Und so war ich gespannt, wie er es anstellen wollte, mir unauffällig die gefesselten Hände zu befreien.

      Die Antwort war: überhaupt nicht.

      „Lassen Sie schon mal die Karte bringen“, sagte er statt dessen fröhlich, während er ohne mich erst zu fragen mein Handy aus der Jackentasche zog und dann sorgfältig die Jacke wieder so richtete, dass sie meine gefesselten Hände gerade noch verdeckte. „Ich sage später, was ich nehme.“

      „Das geht doch nicht“, konnte ich ihm noch zuraunen, doch er ließ sich davon nicht beeindrucken. Zu meinem Entsetzen nickte er mir nur kurz vielsagend zu und wandte sich dann mir nichts, dir nichts vom Tisch ab.

      Mir blieb noch Zeit, sprachlos den Mund zu öffnen, dann war er auch schon fort. Der hatte ja wohl ’ne Supermeise. Möglicherweise hatte er sich übertrieben viel mit seinen bescheuerten Tieren beschäftigt.

      Ich aber war auf mich allein gestellt bei der Beantwortung der Preisfrage des Tages: Wie bestellt man eigentlich in einem fremden Lokal, wenn man nicht mal die Hände frei hat, um