I. Tame

Mika liebt …


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Raum aufgebaut, um eventuelle Eskapaden – von wem auch immer – aufzunehmen. Ausgeklügelte Technik ist sein Steckenpferd. Jana weiß das und denkt schon gar nicht mehr dran. Mika weiß es natürlich nicht.

      „Ein hübscher Junge“, bestätigt Maddie und sieht über die Schulter zu dem hinter ihr stehenden George. „Was macht er so?“

      George zuckt ein wenig abfällig mit den Schultern. „Kellnern, glaub‘ ich. Nichts, was er wirklich vermissen würde. Aber weißt du, was das Beste ist?“

      „Na? Was denn?“, fragt Maddie fast gelangweilt zurück, während sie versucht, Mikas Gesicht auf einem Standbild näher heran zu zoomen.

      „Er ist oder – besser gesagt – war das Spielzeug eines gemeinsamen Bekannten.“

      Maddie runzelt die Stirn. „Von wem denn?“, fragt sie ratlos. So gute Freunde sind George und sie nun auch wieder nicht; eher Geschäftspartner auf gewissen Gebieten.

      „Von Keno“, ergänzt George und ein hämisches Grinsen breitet sich auf seinem Gesicht aus.

      „Nein!!!!“ Ruckartig dreht Maddie sich mit ihrem ganzen Körper in Georges Richtung. Ihre Augen strahlen neugierig. „Das gibt’s doch nicht! Hast du ihn gesehen? Ich dachte, er wäre irgendwo in Asien!“

      Schlagartig ist es mit Maddies Coolness vorbei.

      „George“, warnt sie ihn mit einem leisen Knurren in der Stimme. „Du baust doch keinen Mist, oder?! Du weißt, dass er uns gefährlich werden kann. Wenn er redet, kann er uns immer noch schaden; auch wenn er keine direkten Beweise vorzulegen hat.“

      George legt ihr beruhigend eine Hand auf die Schulter. „Mach‘ dir keine Sorgen! Ich lasse ihn seit etlicher Zeit beobachten und weiß, dass er jetzt gerade in Texas ist; gemeinsam mit meinem Sohn. Er scheint dieses blonde Goldstück verlassen zu haben. Tja, er war schon immer sehr unbeständig. Möchtest du etwas trinken?“

      „Dass Jana ebenfalls mit Keno zusammen war, musst du ja nicht unbedingt wissen“, denkt George herablassend.

      Laut durchatmend lässt sich Maddie gegen die Lehne des Bürostuhls fallen. „Keno, mein Gott. Das könnte wirklich unangenehm werden. George spielt mit dem Feuer. Eine Junge aus Kenos Bekanntenkreis.“ Maddie taxiert konzentriert Mikas Körper auf dem Standbild, bevor sie wieder auf ‚Play‘ drückt. „Andererseits“ Ein amüsiertes Zucken ihrer Mundwinkel verrät ihre Gedanken. „Was soll’s.“ Sie war noch nie eine zaghafte Person. „Vielleicht könnte man sogar die Anwesenheit dieses Jungen für eine gut geplante Rache nutzen.“

      „Überleg’s dir!“, ermuntert George sie. „Mika ist ziemlich schüchtern. Ich bin nicht sicher, ob er für einen Job bei dir überhaupt geeignet wäre.“

      „Kennst du seine Vorlieben?“, fragt Maddie zurück, als sie aufsteht und ihren Rock glatt streicht.

      „Er soll bisexuell sein. Bisher hat er es allerdings lediglich mit Jana getrieben. Und …“ George meldet sein Laptop ab. „… er ist sehr devot; bettelt geradezu um Bestrafung. Aber was red‘ ich! Du hast es ja selber gesehen.“

      „Wenn es so ist wie du sagst, dann wäre er eine Investition wert.“, wägt Maddie – ganz Geschäftsfrau – ab.

      „Ich fliege heute Abend nach Hause und hab‘ mir überlegt, ob du Jana und Mika nicht zu deiner legendären Weihnachts-Party einladen möchtest? Natürlich nur, wenn du alles filmst. Ich genieße es so sehr, Jana nachträglich zu beobachten.“

      Maddie legt freundschaftlich eine Hand auf Georges Oberarm. „Eine sehr gute Idee, mein Lieber. Ich werde das alles besprechen und Jana dann direkt kontaktieren. Du weißt, wie sehr mein Mann sie mag.“

      „Wie geht es Edward?“, fragt George höflich nach. Dabei geht ihm der alte Hurensohn so ziemlich am Arsch vorbei. Was Maddie nur an ihm findet?

      „Sehr gut, soweit. Den Umständen entsprechend. Falls du ihn persönlich sprechen solltest, George.“ Maddie dreht sich George frontal zu und blickt kalt wie Eis zu ihm empor.

      „Kein Wort über Keno … unter keinen Umständen! Das regle ich persönlich!“

      W„ann bin ich eigentlich das letzte Mal ohne schlechtes Gewissen nach Hause gekommen?“, denkt John frustriert, während er mit dem Haustürschlüssel in dem ausgelutschten Türschloss ihrer Bleibe herumstochert. „Na ja, ein Zuhause sieht natürlich anders aus“, seufzt er innerlich. „Kein Wunder, dass Keno bockt.“

      Doch die wahren Gründe für dessen Unausgeglichenheit sind John natürlich klar. Vor Cat macht er immer einen auf selbstsicher; als ob er alle Zügel in der Hand hielte. Als ob er genau wüsste, wie er seinem Vater gegenüber treten soll. Als ob er wüsste, was er eigentlich noch für seinen Erzeuger empfinden soll – außer blankem Hass.

      Kenos Zustand macht John ratlos. Dessen leerer Blick trifft ihn bis ins Herz. So hat er seinen Teufel noch nie erlebt. So ängstlich und traurig. „Er könnte sich ja auch mal ein bisschen zusammen reißen; ich bin doch bei ihm“, nörgelt John in Gedanken, um nicht die ganze Schuld für Kenos desolaten Zustand alleine auf seinen Schultern zu tragen.

      In der Wohnung ist es still. John schmeißt seinen Schlüssel auf den kleinen Küchentisch und stellt die Papiertüte mit einigen Einkäufen auf den Stuhl daneben.

      „Cat?“, ruft er in die Wohnung, während er die Lebensmittel einräumt. „Hast du Hunger?“

      Doch kein Murren oder Maulen erwidert seine Frage. Schließlich schlendert John durch das Wohnzimmer mit den verschossenen Polstermöbeln in Richtung Schlafzimmer. Natürlich! Im Zweifelsfall findet er Keno dort. Pennend oder saufend oder Musik hörend.

      Heute ist es still. Keno liegt auf der Seite und atmet laut. Er schläft tief und fest. John setzt sich zu ihm auf die Bettkante. Früher sah Cat selbst im Schlaf angespannt aus – und sexy wie die Hölle. Seine Energie troff nur so aus seinem Körper. Und jetzt? John legt den Kopf schief und taxiert Keno im Schein der kleinen Nachttischlampe. „Er wirkt krank, völlig ausgelaugt.“

      Doch er war tatsächlich beim Friseur und hat sich seine langen Haare schneiden lassen. Vorne fallen ihm die dunklen Strähnen bis über die Wangenknochen. Ab den Ohren werden sie zum Hinterkopf hin länger und reichen ihm nun im Nacken gerade mal bis auf die Schulter. John lächelt. „Noch reichlich Haare zum Zerraufen“, schmunzelt er in sich hinein. „Mein Gott, du bist so wunderschön!“

      John kann seinen Blick nicht von ihm nehmen. Doch je länger er Keno betrachtet, umso mehr gefriert ihm das Lächeln zu einer Maske. Vorsichtig streicht er ihm eine Strähne aus dem Gesicht. Dunkle Ringe haben sich unter Kenos Augen gelegt. Er atmet unregelmäßig und schwer durch den Mund. Seine Nase scheint verstopft. Etliche zerknüllte Taschentücher liegen auf dem Boden und dem Nachttisch. Und jetzt wandert Johns Blick an Cats Körper entlang. Er liegt seitlich auf dem Bett wie ein Fötus. Beine angewinkelt, die Arme vor der Brust verschlungen. Nichts mehr da von dem einstigen Maulhelden. „Wo bist du nur, Cat? Verlass mich nicht“, schießt es John durch den Kopf.

      Auf der Matratze vor Kenos Bauch liegt dessen Handy. John schnappt es sich und verlässt leise den Raum. Nachdem er sich ein Bier geholt hat, schmeißt er sich stöhnend in einen der beiden Wohnzimmersessel. Nach einigen tiefen Schlucken aus der Flasche, greift er sich Cats Handy und scrollt darin herum. Immer und immer wieder hat er die gleiche Nummer gewählt. Dutzende Male. „Das ist Mikas Handy“, erkennt John auf einen Blick. „Verdammt! Er ruft den Kleinen an, um seine Stimme vom AB zu hören.“ John keucht verzweifelt auf, während er die Ellbogen auf den Knien abstützt und gedankenverloren mit dem Handy gegen seine Stirn tippt.

      Und endlich ist ihm klar was er zu tun hat. „Ich muss ihn fortschicken, ihn gehen lassen.“ So schwer