Taja Jetsch

Sonnentanz


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an, holte tief Luft durch die Nase und dann lachte er leise.

      „Em?“ Henry sah sie fragend an. „Ist alles ok? Oder belästig Dich der Typ?“ Der Moment war vorbei. Emily ging einen Schritt zurück und sah Henry an.

      „Es ist alles ok, danke Dir“. Dann schnappte sie sich die Caipis und wollte gehen. Sie stand schon mehr hinter als neben ihm, als er ihr noch ins Ohr flüsterte „Trink nicht so viel.“ Dann war sie an ihm vorbei.

      „Was war denn da los? Es sah aus, als wollte er Dich küssen. Wie in Zeitlupe.“, wurde sie von ihrer Band vernommen. Sie waren nicht nur eine Band, sie waren auch Freunde geworden. Richtig gute Freunde. Sie waren oft auch privat zusammen und jeder hatte jeden schon mal im Arm gehabt, sich dessen Sorgen angehört und getröstet.

      Emily nahm einen Caipi und trank ihn in einem Zug. „Trink nicht so viel.“, hatte er ihr zugeflüstert. Wer war der denn? Ihr Vater? Ihr Freund? Nein! Sie konnte so viel trinken, wie sie wollte. Sie nahm sich noch ein Glas, drehte sich provozierend um, lächelte ihn an und prostete in seine Richtung. „Für Dich, Du Arschloch!“ flüsterte sie. Sie war sich nicht sicher – konnte sie das wirklich über diese Entfernung sehen? Und gehört haben konnte er sie doch auf keinen Fall – aber sie konnte zusehen, wie sich sein Gesicht verzog und dann schüttelte er leicht den Kopf.

      Normalerweise trank sie wirklich nicht viel und drei Caipirinhas in dieser kurzen Zeit waren für sie schon fast zu viel. Aber der Alkohol machte sie mutig. „Leck mich!“ fluchte Emily noch. „Kommt, Mädels, wir müssen wohl wieder hoch.“

      Ja, der Alkohol machte sie mutig und warum auch immer, aber sie war sauer auf ihn. Sie stand auf der Bühne und sagte: „Ich hatte ja eingangs gesagt, dass wir uns heute noch etwas – hoffentlich für Euch – Besonderes überlegt haben. Und zwar wollten wir Euch heute ein paar private Dinge erzählen und Euch erlauben, jedem von uns ein paar private Fragen zu stellen. Dazwischen spielen wir immer mal wieder ein paar Lieder. Würde Euch das interessieren?“ Sie hatten eigentlich nicht damit gerechnet, aber die Leute applaudierten und pfiffen und viele riefen „Ja.“ und „Super.“

      „Gut, dann erzähle ich Euch kurz was von uns. Am Schlagzeug, das ist Chris. Und ja, Chris ist schwul. Aber seht ihr hier vorn an der Theke den unglaublich gutaussehenden Kerl? Das ist Rafe, sein Freund. Also haltet Euch lieber fern von Chris.“ Viele lachten.

      „Am Keyboard, das ist unsere Henriette, aber wir sagen nur Henni zu ihr. Unsere Henni steht auf Frauen und sie ist noch nicht vergeben. Wer sie also kennenlernen möchte, kann sie gerne ansprechen.“ Emily lachte ins Mikrofon. „Aber bitte keine Jungs - Eure Chance Mädels!“ Aus dem Publikum waren viele Stimmen wie „Oh nein!“ oder „Wie schade!“ zu hören, aber auch Gekicher.

      „So, Sue mit der E-Gitarre ist verlobt und wird nächstes Jahr heiraten.“ Es wurde geklatscht. „Der Typ neben Rafe ist Bastian, ihr Freund. Er ist übrigens Boxer.“

      „Unsere Niki ist mit ihren grade mal etwas über zwanzig Jahren unsere Jüngste und unser Küken. Sie ist noch nicht vergeben und wer sich in der langen Reihe der Verehrer anstellen möchte, muss erst mal an uns vorbei. Aber bitte, versucht es. Dann bringt aber bitte ein Gesundheitszeugnis und natürlich auch Eure Lohnabrechnungen mit!“ Der ganze Saal lachte.

      Abgesprochen war, dass nun Niki etwas zu Emily sagte, aber die redete einfach weiter.

      „Wisst ihr, ich glaub, ich kann nicht mehr lange auftreten.“ Erstaunen machte sich unter den Zuschauern breit. „Ja, es ist nämlich so, ich fürchte, ich bin krank. Ich habe nämlich Halluzinationen.“ Viele lachten und Emily lachte mit. „Letztes Jahr habe ich Euch doch von meiner Halluzination und seinen Bodyguards erzählt.“ Viele riefen ‚Ja!‘ und lachten. „Nun, er ist hier. Meine Halluzination ist hier und hat mit mir gesprochen und mich angefasst. Und nun möchte ich von Euch wissen, ob ich wirklich halluziniere oder ob ihr ihn alle sehen könnt. Wenn ihr ihn nämlich nicht sehen könnt, dann muss ich Montag mal dringend zum Arzt.“ Viele lachten, manche drehten sich suchend um. ‚Was machst Du hier?‘, fragte sie sich selber. ‚Keine Ahnung!‘. Sie wollte ihn verletzten. Irgendwie. Aber warum? Sie wusste es nicht.

      „Dort.“, sagte sie nur und zeigte auf den Tisch, an dem Drake mit seinen Jungs saß. „Komm!“, rief sie „Komm!“, sie winkte. Seine Jungs lachten, nur er nicht. Er wurde sauer. Was sollte das hier werden?

      „Ich hab natürlich auch keine Ahnung, wie er heißt. Also, Du dahinten, komm, komm her.“ Sie winkte ihn zu sich.

      Tristan schubste ihn vom Stuhl und rief laut „Drake! Er heißt Drake!“ Sam sagte: „Na, geh schon. Geh jetzt da hin!“

      „Also – Drake – würdest Du bitte kurz zu mir kommen?“ Wen verletzte sie hier eigentlich? Ihn? Oder nicht doch sich selber? Ihr Herz schlug viel zu schnell und auch ihre Atmung war nicht gerade langsam. Und dann stand er vor der Bühne. Sie nahm das Mikro und fragte die Leute. „Also, er steht jetzt direkt hier vor mir. Könnt ihr ihn sehen?“ Viele applaudierten und riefen: „Ja!“.

      „Drake“, sagte sie und irgendwo ganz hinten im Kopf hatte sie wieder ein Déjà-vu, aber auch dieses Mal konnte sie es nicht festhalten. „Bist Du eine Halluzination?“, fragte sie. Vereinzelt wurde gelacht. Er schaute sie böse an. „Nein.“, brummte er. Am liebsten hätte er laut geknurrt, aber das ging hier natürlich nicht.

      „Aha, also keine Halluzination?“

      „Nein!“

      „Puh, wisst ihr was Leute. Ich bin beruhigt. Ich hab echt schon gedacht, ich würde bekloppt werden. Danke, Drake.“ Damit war er entlassen. Sie ließ ihn einfach stehen. Er hasste es, in der Öffentlichkeit zu stehen, aber das war er hier. Er warf ihr noch mal einen bösen Blick zu und ging dann langsam zu seinem Tisch zurück.

      „Ok, also, ich bin auch noch nicht vergeben und wenn Ihr ausseht wie der Typ, dann habt ihr keine Chance bei mir! Gut, jetzt habt ihr erst mal ein paar Infos und ihr könnt Euch ein paar Fragen überlegen, wenn ihr wollt. Wir spielen einen Song.“ Emily drehte sich um und Sue fragte, was denn das für eine Aktion gewesen war und ob sie nun irgendwas erreicht hatte. Emily sagte nichts, sah sie nur an. „Wir spielen jetzt Pink ‚u and ur hand‘.“ Hiermit drehte sie sich um und stellte sich ans Mikro. Drake hatte sie noch nie so rocken gesehen, aber der Text machte ihn noch wütender. Maddox lachte laut. „Na, die haut dir aber voll eine rein.“ Danach gab es tatsächlich viele, die Fragen stellten. Eine Frage war, warum ihre Band „Waterfalls“ hieß.

      „Hast Du schon einmal nackt unter einem Wasserfall gestanden?“ „Nein.“ Sie lachte „Aber ich!“

      Drake

      Drake verschluckte sich an seinem Bier und hustete. Sein Schwanz reagierte sofort. Er war sowieso schon total heiß von der Aktion an der Bar, ihre Erregung die er riechen konnte, als er leise geknurrt hatte. Und nun auch noch das Bild, wie sie nackt unter einem Wasserfall stand. Mit der Faust schlug er auf den Tisch.

      Emily

      Um ein Uhr nachts hatten sie ihr letztes Lied gespielt und der Laden leerte sich. Die „Waterfalls“ standen noch, wie immer, auf der Bühne und redeten über den Abend miteinander.

      „Oh Gott“, flüsterte Emily auf einmal. „Oh Gott, was hab ich getan? Ich muss mich hinsetzen.“ Sie setze sich auf eine der drei Stufen, die zur Bühne führten. „Ich glaub, mir ist schlecht.“

      „Tja, ehrlich gesagt, ich weiß auch nicht, was das für 'ne Aktion da oben sein sollte. Aber wenn ich ehrlich bin, hast Du ihm viel zu viel von Dir verraten. Und hast Du damit irgendwas gewonnen oder erreicht? Glaubst Du wirklich, dass er nach dieser Aktion noch mal hierher kommen wird?“ Sue schimpfte.

      5.

      Emily

      „Ich bring sie nach Hause.“ Drake stand neben ihnen.

      „Ich bin selber mit dem Wagen hier!“, schnauzte sie ihn sofort an.

      „Du kannst nicht mehr fahren. Also bringe ich Dich nach Hause.“ Drake ließ keine Diskussion zu.