Jack Holland

Misogynie


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während den anderen Frauen nichts bleibt als ein Leben in Sklaverei und Wehklagen um ihre verlorenen Ehemänner, Väter und Söhne.

      Dieser komplizierte Tanz von Eros und Thanatos spielt auch in anderen Kulturen und Mythologien eine Rolle, hier aber vor allem als unausweichlicher Teil des Lebens. Mit den Göttinnen der keltischen Mythologie wird das Prinzip des Lebens wie des Todes assoziiert. Diese Doppelrolle wird jedoch nicht dualistisch, also als zwei ständig miteinander im Kampf liegende Prinzipien, interpretiert. Die Kelten sehen ihre Göttinnen als diejenigen, die unbefangen die Kräfte des Lebens und des Todes miteinander versöhnen, so wie es jede Mutter in Wirklichkeit tut: Indem sie Leben in die Welt setzt, bringt sie auch den Tod. Im Verständnis der Kelten ist diese Versöhnung von Leben und Tod kein Grund für Schuldzuweisungen und Vorwürfe, sondern sie liegt einfach in der Natur der Dinge. Aber in der dualistischen Weltsicht der Griechen verkörpert die Natur die Schwächen und Grenzen des Menschen, und die Frau verkörpert die Natur. Das macht sie für den Mann zur verhassten, Fleisch gewordenen Mahnung, die ihn permanent an seine Schwächen erinnert. Das ist die Sünde der Pandora und ihrer Töchter, für die das Patriarchat, von seinen Märchen bis zu seinen philosophischen Lehren, alle Frauen bestrafen will.

      Einem modern denkenden Menschen mag die Vorstellung, dass der gesellschaftliche Status der Frauen mit dem Aufkommen der Demokratie niedriger wurde, als eklatanter Widerspruch erscheinen. Aber Gleichberechtigung und allgemeines Wahlrecht waren nicht das ideologische Fundament, auf der die griechische und die römische Demokratie errichtet wurden. Beides waren Sklavenhaltergesellschaften, in denen demokratische Rechte nur für die erwachsenen männlichen Bürger galten. In einer Sklavenhaltergesellschaft hätte die Prämisse, dass alle Menschen gleich geboren werden, in einem offensichtlichen Widerspruch zu einer ebenso eigennützigen wie allgemeingültigen Wirklichkeit gestanden. Sklaverei war das »natürliche« Produkt systemimmanenter Ungleichheiten. In einer Gesellschaft, in der bereits eine Form der Ungleichheit institutionalisiert ist, hat es eine andere nicht schwer, sich durchzusetzen.

      Ehebruch des Mannes galt nicht als Scheidungsgrund. (Dieser Grundsatz hielt sich in England noch bis 1923, ein Beleg dafür, wie stark die britische Oberschicht vom Geist der griechischen Klassik durchdrungen war.) Wenn aber eine Frau Ehebruch beging oder vergewaltigt wurde, musste ihr Mann sie verstoßen, sonst wurden ihm seine Bürgerrechte aberkannt. So gesehen waren die Frauen in der ersten Demokratie der Welt schlimmer dran als im autokratisch regierten Babylon. Unter dem 1750 v. Chr. von König Hammurabi entworfenen Gesetzeswerk hatte ein Ehemann, dessen Frau des Ehebruchs überführt worden war, immerhin das Recht, diese zu begnadigen.

      Einvernehmlicher Geschlechtsverkehr mit der Ehefrau eines anderen war in Griechenland ein schwereres Vergehen als die Vergewaltigung derselben. Im Prozess gegen einen Mann, der beschuldigt wird, den Liebhaber seiner Frau ermordet zu haben, liest der Anwalt der Verteidigung aus den Gesetzestexten des Solon aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. eine Passage vor, in der es um Vergewaltigung geht: