ein Klemmbrett mit einem Stapel bedruckter Seiten.
»Wir brauchen vor allem das Oberste«, sagte sie und zeigte auf ein Formular mit einer Liste von Symptomen, die man ankreuzen musste, und einer Abbildung des weiblichen Körpers von vorne und hinten, auf der ich überall ein X setzen sollte, wo ich Schmerzen hatte.
Ich setzte mich auf einen der Stühle im Wartezimmer und betrachtete die Fotos des Turnerinnenteams der Michigan State University, die an der gegenüberliegenden Wand hingen. Larry war auch ihr Arzt. Er ist die erste Wahl von allen, staunte ich. Ernsthaft. Ich kann kaum glauben, dass ich hier bin.
Endlich lenkte ich meine Aufmerksamkeit zurück auf die Formulare, markierte beide Handgelenke und die Ischiasregion im unteren Rücken, und begann mich durch die Liste mit Symptomen zu arbeiten. Kribbeln? Ja. Pulsierender Schmerz? Ja. Taubheit? Ja.
»Haben wir Fälle von hohem Cholesterin in der Familie?«, flüsterte ich meiner Mutter zu, als ich zu dem Abschnitt mit der Familienanamnese kam. Wir füllten ihn gemeinsam aus. Als ich die Papiere der Empfangsdame zurückgab, öffnete sich die Tür zum Behandlungszimmer und ich sah eine Turnerin mit einer Kniebandage heraushumpeln. Sie wurde von einem sympathisch aussehenden Mann begleitet, der ihr die Tür aufhielt.
»Kommst du zurecht? Okay, Kleine, gute Besserung!« Er winkte kurz und eilte dann den Gang hinab. Es war Larry. Ich war überrascht, dass er dieses Mädchen bis zur Tür begleitet hatte. Die meisten Ärzte schickten einen einfach alleine weg. Vielleicht zeigten sie einem noch kurz, wo der Ausgang war, bevor sie davonrauschten. Aber Larry hatte diese Turnerin begleitet, um sicherzugehen, dass sie klarkam, obwohl er offensichtlich wahnsinnig beschäftigt war. Ich nahm an, dass sie schon seit längerer Zeit hierherkam, da er so locker und vertraut mit ihr umging.
Kurze Zeit später lief ich selbst durch diese Tür. – Ich versuchte, nicht vor Aufregung zu kreischen, als ich die Fotos sah, die den Gang säumten: die »Glorreichen Sieben« von den Olympischen Spielen 1996. Sie waren das großartigste Turnerinnenteam der US-Geschichte, und Larry hatte Fotos von vielen von ihnen, manche davon sogar mit Autogramm und persönlicher Widmung an ihn. Mit großen Augen sah ich sie mir an, als wir durch den Flur in Richtung des leeren Behandlungszimmers gingen.
Eine Krankenschwester hielt uns die Tür auf, und wir traten ein. Ich bemerkte einen Arzttisch in der rechten Ecke, schräg gegenüber von einem Rollwagen, dem Waschbecken und den Schränken. Der Rollwagen war länger als üblich, und es befanden sich nur ein Gefäß mit Massagelotion und ein Seifenspender darauf. Ein einsamer Stuhl stand neben dem Kopfende des Untersuchungstisches. Der Arzthocker war zurückgeschoben und stand in der Nähe des Waschbeckens.
Die Schwester forderte mich auf, meine lockere kurze Hose anzuziehen. »Er wird gleich bei Ihnen sein«, sagte sie, als sie hinausging.
»Hast du die Bilder von den ›Glorreichen Sieben‹ gesehen?«, flüsterte ich meiner Mutter zu, während ich schnell in die lockeren Baumwollshorts schlüpfte, die ich mitgebracht hatte.
Sie nickte und nahm neben dem Untersuchungstisch Platz. Wir mussten nicht lange warten.
»Hi«, sagte eine freundliche Stimme, als sich die Tür öffnete. Und herein kam Larry, das Poloshirt in die graue Hose mit Bügelfalte gesteckt, ein Handy am Gürtel und eine Brille auf der Nasenspitze. Er bewegte sich schnell und gab erst mir und dann meiner Mutter die Hand. Seine Stimme klang fröhlich. »Sieht aus, als gäbe es bei dir einiges zu tun, Kleine!«, sagte er, als er das Krankenblatt hervorholte.
Ich nickte und lächelte schüchtern. Er lächelte zurück. Als er auf das Blatt schaute, bemerkte er meine Stiefeletten, die neben dem Stuhl meiner Mutter standen.
»Schöne Stiefel!«, rief er aus. »Die sind toll! – Okay, mal sehen, was wir hier haben.«
Dann begann die Untersuchung. Er prüfte meine Beweglichkeit und Körperspannung, ließ mich eine Reihe von Bewegungen und Tests ausführen und positionierte mich immer so, wie er es für den nächsten Test brauchte. Während er arbeitete, plauderte er die ganze Zeit und machte sich schnelle Notizen auf dem Blatt, das er in der Hand hielt. Der Sportarzt in Kalamazoo hatte nicht einmal einen Bruchteil der Untersuchungen durchgeführt, die Larry jetzt machte. Mit jedem Test wuchs meine Zuversicht. Er wusste offenbar ganz genau, was er tat.
»Mach mal so«, wies er mich an. Er ballte seine Hände zu Fäusten, sodass sie die Daumen umschlossen, und hielt die gebeugten Ellenbogen seitlich am Körper, mit den Fäusten nach vorne. »Jetzt beuge nur die Faust nach unten.«
Ich tat genau, was er sagte.
»Tut das weh?«, fragte er.
Ich verzog das Gesicht und nickte.
»Das habe ich mir gedacht.« Er zwinkerte mir zu. Dann nahm er eine meiner Hände und begann, die Strukturen zu erklären. Er benannte die schmerzenden Sehnen und zeigte, wo sie zusammentrafen und am Arm entlang verliefen.
»De-Quervain-Syndrom. Keine Sorge, Kleine. Das kriegen wir wieder hin.«
Bis zum Ende der Untersuchung hatte ich einige wichtige Dinge erfahren. Erstens war die Beweglichkeit meiner Schultern extrem eingeschränkt, was dazu führte, dass ich meine Handgelenke bei jeder Handstützbewegung überstreckte und zusätzlich massiven Druck auf meinen unteren Rücken ausübte. Zweitens wurden die Muskeln in meinem Rücken nicht in der richtigen Reihenfolge aktiviert, was dazu führte, dass mein unterer Rücken viel mehr Gewicht trug, als er sollte. Und drittens war meine Hüfte verdreht.
Larry gab mir eine Reihe von Dehnübungen für meine Handgelenke mit und zeigte mir, welche Gelenkstützen ich zum Tumbling verwenden sollte. Dann ging er mit mir ein paar Übungen durch, um die Muskeln in meinem Rücken neu auszurichten, und brachte mir Dehnübungen für meine Schultern bei. Was die verdrehte Hüfte betraf – das könne er sofort beheben, sagte er mir. Er holte ein Modell von einem Becken aus einer Schublade.
»Sehen Sie das?«, fragte er und streckte es meiner Mutter hin. »Diese Seite ihres Beckens ist verdreht«, erklärte er. »Man muss es nur zurechtrücken. Ich werde den Beckenknochen nehmen und ihn wieder an seinen Platz ziehen, okay?« Er schob seine Brille hoch, hob die Augenbrauen und nickte ihr zu, als würde er ihr eine Frage stellen.
»Okay«, antwortete meine Mutter.
Dann zog Larry mich in die Mitte des Raumes, nur wenige Meter von meiner Mutter entfernt, und schob meine Füße etwa dreißig Zentimeter auseinander. Er kniete sich hin und legte seine eine Hand mit festem Druck auf meinen unteren Rücken. Dann blickte er zu Boden, als wollte er sich konzentrieren, und schlang seine andere Hand unter der Hose um die Innenseite meines Beines.
»Gut, ich werde jetzt etwas Druck ausüben«, erinnerte er mich. Plötzlich schob sich seine Hand in meine Hose. In meine Unterhose. In mich. Moment – was? Ich blickte auf ihn hinab. Er biss sich leicht auf die Lippe, als würde er sich konzentrieren – kein Anzeichen dafür, dass irgendetwas nicht stimmte. Meine Mutter saß direkt vor mir und beobachtete, wie er meine Hüfte richtete. Er stieß seine Finger tiefer hinein und zog fest. Es tat weh.
»So!«, verkündete er. »Ich habe es!« Er lächelte zu mir hoch.
In meinem Kopf fand ein fortlaufender Dialog statt. Er hat gesagt, dass er den Beckenknochen drehen muss. Dieser Therapeut, über den Mama und ich gesprochen haben … er arbeitet auch von innen an den Knochen und Muskeln. Es muss diese Technik sein, dachte ich. Vermutlich ist Larry wirklich unsere letzte Chance. Wenn er diese innere Technik schon anwendet, gibt es nicht mehr viel, was wir noch probieren können.
»Also gut, Kleine, hüpf hier herauf und leg dich auf den Bauch«, wies er mich an, während er auf den Tisch klopfte.
»Ich würde gerne das Weichteilgewebe etwas bearbeiten – Myofasciale Therapie«, sagte er und sah meine Mutter an. »Sie hat Verspannungen in ihrem Rücken, die noch mehr Zerrungen und Entzündungen verursachen, wenn man sie nicht behandelt.
Ja, ja … genau so«, sagte er. Er fuhr fort, mich richtig zu positionieren und alles vorzubereiten, während er redete.
Dann zog er meine Hose ein wenig nach unten