so höflich in sie, und die Nacht war überdies so unfreundlich, doch die Helligkeit hinter den Musselin-Vorhängen des Hauses, vor dem sie eben hielten, so einladend, dass jeder am Ende nachgab. Nachdem nun Mr. Yorke aus seinem Gig gestiegen war, den er einem Mann übergab, der bei seiner Ankunft aus einem Außengebäude gekommen war, führte er sie selbst ins Haus.
Mr. Yorke pflegte beim Sprechen ein wenig seine Ausdrucksweise zu ändern, sodass er bald breitem Yorkshire-Dialekt, bald aber in reinstem Englisch sprach. Dieselbe Abwechslung fand sich auch in seinem Benehmen. Bald war er höflich und freundlich, bald rau und tölpisch. Seine damalige Lage war aus seinem Sprechen und Benehmen nicht leicht zu bestimmen. Vielleicht gibt uns die Betrachtung seiner Wohnung nähere Auskunft.
Den anderen Männern empfahl er den Weg in die Küche zu nehmen, ›damit sie sogleich mit etwas zu beißen bedient würden‹, die Herren aber führte er zur Haupttür herein. Sie befanden sich zuerst in einer mit Teppichen ausgelegten Halle, deren Wände bis unter die Decke dicht mit Gemälden bedeckt waren. Durch diese wurden sie in einen großen Salon geführt, in dem ein herrliches Feuer brannte. Das Ganze machte den angenehmsten Eindruck, und wenn man das Einzelne untersuchte, wurde dieser keineswegs vermindert. Es war keine Pracht sichtbar, aber überall Geschmack – ungewöhnlicher Geschmack – der Geschmack, hätte man sagen mögen, eines Mannes, der gereist war, eines Gelehrten, eines Gentleman. Reihen italienischer Landschaften hingen an den Wänden und jede war ein Meisterwerk. Ein Kenner würde so ausgewählt haben. Es waren wertvolle Originale. Selbst bei Kerzenlicht entzückten die schönen, klaren Himmel, die sanften Weiten mit den blauen Lüften, die zwischen dem Auge und den Hügeln schwebten, die frischen Farben und das vortreffliche Spiel von Licht und Schatten. Die Gegenden waren alle ländlich, die Szenen alle sonnig. Auf einem Sofa lagen eine Gitarre und einige Musikalien. Auf dem Kamin sah man Kameen, schöne Miniaturen und mehrere griechische Vasen. In zwei eleganten Bücherschränken zeigten sich wohlgeordnete Bücher.
Mr. Yorke bat seine Gäste sich zu setzen. Nun läutete er nach Wein. Dem Diener, der ihn brachte, gab er gastfreundliche Befehle für die Erfrischungen der Leute in der Küche. Der Pfarrer blieb stehen. Er schien an diesem Haus keinen Gefallen zu finden, auch rührte er den Wein nicht an, den ihm sein Wirt anbot.
»Ganz wie es Ihnen beliebt«, bemerkte Mr. Yorke. »Ich vermute, Mr. Helstone, dass Sie an östliche Gebräuche denken und unter meinem Dach weder essen noch trinken, aus Furcht, dass wir dadurch gezwungen würden, Freunde zu sein. Aber ich hänge nicht so sehr an Aberglauben.
Sie könnten also immerhin den Inhalt dieser Flasche trinken und mir dagegen eine der besten aus Ihrem Keller verehren, und ich würde mich doch nicht für verpflichtet halten, nicht die Opposition gegen Sie in jeder Beziehung bei jeder Kirchspiel- und Gerichtsversammlung zu machen, in welcher wir aufeinander treffen.«
»Das ist es genau was ich von Ihnen zu erwarten habe, Mr. Yorke.«
»Geziemt es sich, Mr. Helstone, dass Sie in einer feuchten Nacht und in Ihrem Alter hinter Aufwieglern herjagen?«
»Es ziemt sich für mich stets, meine Pflicht zu tun, und in diesem Fall ist meine Pflicht mir ein wahres Vergnügen. Ungeziefer auszurotten ist eine edle Beschäftigung – selbst für einen Erzbischof passend.«
»Passend für Sie, allerdings, aber wo ist der Hilfsgeistliche? Zweifellos hat er irgendeine arme Seele am Krankenbett besucht, oder rottet er etwa Ungeziefer in einer anderen Richtung aus?«
»Er ist als Besatzung in Hollow’s Mill zurückgeblieben.«
»Ich hoffe, Bob« (sich an Mr. Moore wendend), »dass Sie ihm einen Schluck Wein zurückließen, um seinen Mut aufrecht zu halten?«
Er wartete nicht auf eine Antwort, sondern fuhr schnell fort, indem er sich erneut an Moore wandte, der sich in einen altväterlichen Sessel am Feuer niedergelassen hatte: »Stehen Sie auf, Robert! Erheben Sie sich, mein Sohn! Das ist mein Platz. Nehmen Sie das Sofa, oder einen der drei anderen Stühle, wenn es Ihnen beliebt, aber nicht diesen hier. Er gehört mir und keinem sonst.«
»Warum halten Sie denn so ausschließlich auf diesen Stuhl?« fragte Moore, der gehorsam den Platz leer ließ.
»Mein Vater saß hier vor mir, und dies ist die ganze Antwort, die ich Ihnen geben will, und sie ist ebenso gut eine, die Mr. Helstone für die Hauptsätze seiner Behauptungen geben kann.«
»Robert, sind Sie fertig zum Gehen?« fragte der Pfarrer.
»Nein, Robert ist noch nicht fertig, oder vielmehr, ich bin noch nicht fertig, mit ihm zu gehen: Er ist ein böser Bursche und muss gebessert werden.«
»Ei, Sir? Was habe ich denn getan?«
»Sich selbst überall Feinde zu machen.«
»Was kümmere ich mich darum? Was kümmert es mich, ob Ihre Yorkshirer Lumpen mich hassen oder lieben?«
»Darin liegt es eben. Dieser Bursche ist ein Fremder unter uns. Sein Vater würde nie so gesprochen haben. Gehen Sie wieder nach Antwerpen, wo Sie geboren und erzogen wurden, mauvaise tête!«
»Mauvaise tête vous-même; je ne fais que mon devoir; quant à vos lourdauds de paysans, je m’en moque!«
»En ravanche, mon garçon, nos lourdauds de paysans se moqueront de toi; sois en certain«, erwiderte Yorke in beinahe dem gleichen reinen Französich wie Gérard Moore.
»C’est bon! c’est bon! Et puisque cela m’est égal, que mes amis ne s’en inquiètent pas.«
»Tes amis! Où sont-ils, tes amis?«
»Je fais écho, où sont-ils? et je suis fort aise que l’écho seul y répond. Au diable les amis! Je me souviens encore du moment où mon père et mon oncle Gérard appellèrent autour d’eux leurs amis, et Dieu sait si les amis se sont empressés d’accourir à leur secours! Tenez, M. Yorke, ce mot, ami, m’irrite trop; ne m’en parlez plus.«
»Comme tu voudras.«6
Und hier hielt Mr. Yorke inne, und während er da sitzt, und es sich in seinem eichengeschnitzten, dreilehnigen Stuhl bequem macht, will ich die Gelegenheit ergreifen, das Porträt dieses französisch sprechenden Yorkshirer Gentleman zu entwerfen.
IV – Mr. Yorke (Fortsetzung)
Er war in jeder Beziehung ein echter Yorkshire-Gentleman. Er war etwa fünfzig Jahre alt, doch auf den ersten Blick sah er älter aus, da sein Haar silberweiß war. Seine Stirn war breit, nicht hoch; sein Gesicht frisch und voll. In seinen Zügen erblickte man das Raue des Nordens und hörte es in seiner Stimme. Jeder Zug war vollkommen englisch, nirgends eine französische Linie; es war eine unelegante, unklassische, unaristokratische Form von Gesicht. Vornehmes Volk hätte es vielleicht gewöhnlich genannt, sentimentales, charakteristisches, feines sich daran gefreut, wegen dessen Kraft, Scharfsinn, Verstand, der rohen aber wahrhaften Originalität, die in jeder Linie ausgeprägt war und in jeder Falte lag. Doch es war auch ein unbelehrbares, verachtendes und sarkastisches Gesicht, das Gesicht eines Mannes, der sich schwer lenken und unmöglich antreiben lässt. Seine Gestalt war ziemlich schlank; er war hochgewachsen und hielt sich stramm, sodass etwas Festes und Echtes in seiner Haltung lag. Nirgends ein Anflug von etwas Bäurischem.
Es war nicht leicht, Mr. Yorkes Persönlichkeit zu schildern, aber noch schwerer dürfte es sein, seinen Geist zu beschreiben. Wenn der Leser erwartet, mit einem vollendeten, oder sogar nur mit einem wohlwollenden, menschenfreundlichen alten Herrn in ihm bekannt zu werden, so täuscht er sich.
Er hatte mit etwas Verstand und guter Gesinnung mit Mr. Moore gesprochen, aber man muss nicht daraus schließen, dass er stets so gerecht und mild sprach und dachte.
Vor allen Dingen fehlte Mr. Yorke der Sinn der Ehrerbietung gänzlich. Ein großer Mangel, der den Menschen in allen Dingen, wo Ehrerbietung verlangt wird, irreleitet. Zweitens fehlte ihm auch der Sinn für Vergleiche; ein Mangel, der den Menschen der Sympathie beraubt, und drittens hatte er zu wenig Sinn für Güte und Fantasie, wodurch Milde und Herrlichkeit aus seiner Natur schwanden, und diese göttlichen Eigenschaften