Madeleine Abides

Frühstück für Tiffany


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glasigen Blick bekam, waren Worte überflüssig. Und er sollte mich nicht enttäuschen an diesem Tag. Jedenfalls nicht mehr als sonst auch.

      An sich dachte ich ganz gern daran zurück. Nicht, weil ich voll auf meine Kosten gekommen wäre. Aber es war endlich mal wieder was anderes.

      Die Uniform schien Maikis Gehirn anzuregen, denn grade er, der bei keinem Casting für phantasievolle Liebhaber über die Vorrunde hinausgekommen wäre, ließ sich plötzlich allerhand einfallen, damit ich die Uniform so schnell nicht auszog. Ich wiederum hatte Spaß daran, ihn damit zu gängeln, sobald ich das spitzgekriegt hatte. Endlich mal nicht dieses selbstherrliche Drüberlegen, Einführen, Absamen, das ich sonst von ihm kannte.

      Es hätte ein hübscher Vorgeschmack auf mehr sein können, aber dann war die Uniform mit mir mittendrin wohl doch eine Spur zu scharf für den guten Maiki. Nachdem ich ihn mit allerlei Tricks und vielen geschmeidigen Ausweichbewegungen lange hingehalten hatte, war er halt doch wieder viel zu früh beim guten alten Einführen. Und sobald er den Nagel einmal angesetzt hatte, ließ er auch nicht mehr locker. Ich hätte ihn bestimmt abwerfen können, wenn ich unbedingt gewollt hätte, aber warum sollte ich ihm seinen Spaß nicht gönnen, solange ich selbst nicht vollkommen leer ausging? Also ließ ich ihn eben machen, stöhnte rechtzeitig ein bisschen mit, und dann war er tatsächlich sehr schön hart und sehr schön kraftvoll in mir. Er wütete ein bisschen, und das war schon nicht schlecht, aber als er dann kam, hätte ich auf dem Weg nach ganz oben noch eine schöne lange Strecke vor mir gehabt, die ich zu gerne ausgekostet hätte.

      Natürlich merkte er es nicht einmal, sondern er war mit sich und der Welt restlos zufrieden, als er sich schließlich zurückzog.

      „Du bist so unglaublich scharf in dieser Uniform“, stieß er keuchend hervor, und das sollte ich wohl als allerhöchstes Kompliment verstehen.

      Naja, ich wollte die Stimmung nicht versauen und entschädigte mich selbst ein bisschen, indem ich den Oberkörper aufrichtete, kurz meine Haare fasste und ihn mit möglichst vorwurfsvollem Blick ansah:

      „Das war sehr unartig!“, tadelte ich ihn im Tonfall der erzürnten Oberlehrerin. „Dafür werde ich dich streng bestrafen müssen!“

      Damit erwischte ich ihn kalt, und ich hätte ums Haar laut hinausprusten müssen, weil er gar so verdattert dreinschaute. Der Kerl wusste doch tatsächlich nicht, ob ich das nun ernst gemeint hatte oder nicht.

      Um wenigstens seine Unsicherheit noch ein wenig auszukosten, hob ich in einer Anwandlung von Hochmut das Kinn, kräuselte drohend die Augenbrauen und ließ meine immer noch bestens verpackten Brüste genau vor seiner Nase tanzen. Sein Gesicht war ein Bild für Götter!

      Ich war sicher, dass er von diesem strengen Spezialservice zu gerne mehr gehabt hätte, doch irgendwie kam es nicht dazu. Kann sein, dass es an der Tür geläutet hat, oder vielleicht ging das Ganze auch rasch in eine zweite Nummer über, die dann doch nicht so unvergesslich wurde, dass ich mich noch daran erinnert hätte. Jedenfalls hat es später mit der Uniform nie mehr so gepasst, und das mit Maiki war ja dann auch bald zu Ende. Wir trennten uns freundschaftlich, und er tröstete sich bald mit dem Blondchen aus der Videothek, für das er schon immer eine Schwäche gehabt hatte. Mir war es sogar recht, denn das mit ihm und mir hätte sowieso keine Zukunft gehabt. Den Versuch war er wert, und wir hatten ein paar Monate echt eine gute Zeit miteinander, aber das war’s dann eben auch schon gewesen.

      Aber interessiert hätte es mich schon, wie viel in der Geschichte mit der Uniform drin gewesen wäre. Es war zu offensichtlich gewesen, wie prompt er darauf angesprungen war, als ich diesen vorwurfsvollen Ton angeschlagen hatte. Ich kann es sehen, wenn ein Kerl Hunger auf mehr in den Augen hat, und Maiki hatte da solchen Heißhunger, dass er auch gegen strengste Erziehungsmaßnahmen keinen echten Widerstand geleistet hätte.

      Ich hätte ihn dreimal um den Finger wickeln können, er hätte garantiert noch geschnurrt dabei. Und alles nur wegen einiger Flecken blauen Tuchs, die enganliegend über meine vorzeigbaren Rundungen drapiert waren.

      Eigentlich ist diese Geschichte sogar meine beste Erinnerung an Maiki, und ich muss zugeben, dass ich schon ein paarmal versucht war, sowas bei einem seiner Nachfolger auszuprobieren. Leider ist es nie dazu gekommen, aber das hat mit der Zeit meine Lust darauf nur gesteigert, mal einen der Kerls hart ranzunehmen. Ich meine so richtig hart, vielleicht sogar mit Handschellen und ordentlich was mit dem Stöckchen hinten drauf.

      Falls Maiki ein Maßstab ist, müsste das zu sehr langen, sehr heißen und sehr standfesten Ergebnissen führen. Wenn ich mir vorstelle, dass ich mich dann ganz nach Lust und Laune draufsetze und der arme Kerl wegen der Handschellen nichts bestimmen kann, keinen Rhythmus, kein Tempo, keine Tiefe des Eindringens, dann werde ich jedes Mal unglaublich feucht.

      Naja, irgendwo läuft der arme Kerl, den es damit erwischen wird, jetzt vermutlich schon herum und hat noch keine blasse Ahnung, was ihm blüht!

      *

      Oberamtsrätin mit vierundzwanzig, das ging normalerweise gar nicht.

      Wenn ich dennoch so jung Karriere gemacht hatte, lag das an meinen extraordinären, unerreichten, galaktischen Fähigkeiten. Gut, ein bisschen vielleicht auch an dem Programm „Women on Top“, das die Stadt lobenswerterweise zur rigorosen Durchsetzung der Frauenquote aufgelegt hatte.

      Ein Mann hätte schon von jeher um die zehn Jahre länger warten müssen, um so weit nach oben befördert zu werden wie ich, aber dafür konnte ich ja nichts. Wenn gerade jetzt zahllose Frauen in Führungspositionen gebraucht wurden, musste auf dem Dienstweg eben auch mal eine Abkürzung eingerichtet werden. Denn wie hieß es so schön auf einem der Flyer: Am weiblichen Wesen soll die Welt genesen. Haargenau!

      Von Petitessen durfte man sich da selbstverständlich nicht stören lassen. Wie etwa davon, dass halbwegs brauchbare Männer jetzt noch sehr viel später befördert wurden als sowieso schon. Oder davon, dass all die dummerweise momentan in Führungspositionen untergebrachten Männer schließlich noch umweltfreundlich entsorgt werden mussten.

      Na, egal! Ich war jedenfalls bereit.

      Und ich war dem Schicksal sogar ausgesprochen dankbar. Denn als ich damals eher zufällig auf „Women on Top“ gestoßen war, hatte ich mich gerade in einer ebenso unangemessenen wie beunruhigenden Zwickmühle befunden. Verkürzt ließe sie sich als die Wahl zwischen Pest und Cholera, in meinem Fall zwischen arbeiten und pleitegehen zusammenfassen. So war die Stellenausschreibung, mit der alles angefangen hatte, gerade zur rechten Zeit gekommen. Aus Dankbarkeit und zur ewigen Erinnerung hatte ich mir das Ding gerahmt und an die Wand gehängt, weil es schließlich sowas wie mein Freifahrschein für die höheren Besoldungsgruppen gewesen war.

      Mit meiner flugs zusammengeschusterten Bewerbung überhaupt in die engere Wahl für eine von nur zwei ausgeschriebenen Stellen gekommen zu sein, hatte ich wohl hauptsächlich dem Umstand zu verdanken, dass das protzig aufgemachte bizonyítvány, das ich Jahre zuvor aus Debrecen mitgebracht hatte, überraschend als Zeugnis eines abgeschlossenen Auslandsstudiums anerkannt worden war. Ehrlich gesagt, hatte ich da zwar bloß ein paar Wochen Sommeruni der Budapester Sprachschule absolviert und selbst die hatten vor allem aus Sonnenbaden und Abhängen mit ein paar besonders ansehnlichen Kommilitonen aus aller Herren Länder bestanden.

      Aber irgendwer im Personal- und Organisationsamt hatte wohl seine Ungarisch-Kenntnisse massiv überschätzt oder Bewerbungen von Frauen wurden sogar noch mit wesentlich mehr Begeisterung aufgenommen, als schon der Stellenausschreibung zu entnehmen gewesen war:

      „Die Stadt Frankfurt am Main strebt an, den Anteil von Frauen in diesem Bereich zu erhöhen. Bewerbungen von Frauen werden daher besonders begrüßt.

       Schwerbehinderte Menschen werden bei gleicher Eignung bevorzugt eingestellt.

       Bei Nichterfüllen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen ist die Beschäftigung im Arbeitsverhältnis nach EGr. 12 TVöD möglich.“

      Ich versuchte mir vorzustellen, wie das in der Praxis aussehen sollte: Da stand dann also so eine Art Pförtner mit ulkigem Käppi am Posteingang der Behörde und sagte mit einer steifen Verbeugung irgendwas wie:

      „Guten